Waldorf Kindergarten Fürth
            
Konzeption
 
des
 
Waldorfkindergarten Fürth e. V.
Dambacher Str. 96
90763 Fürth
 
 


 
Inhaltsverzeichnis
 
 
1.      Bildungs- und Erziehungsziele
 
A)    Allgemeine Ziele
 
a)      Achtung vor der Individualität des Kindes                                                  S. 4
b)      Begleitung in die Freiheit und Verantwortungsfähigkeit                             S. 4
c)      Ausbildung der Sozialfähigkeit                                                                    S. 4
d)      Veranlagung einer umfassenden Gesundheit                                               S. 5
e)      Gesamtbildungsgang von 0 bis 18 Jahren                                                    S. 5
 
B)    Ziele für die Elementarstufe
 
a)      Eigener Bildungsauftrag für die Elementarstufe                                          S. 5
b)      Pädagogische Gestaltung des Lebensumfeldes                                            S. 6
c)      Positive Lernatmosphäre und verlässliche Beziehungen                             S. 6
d)      Vorbildfunktion des Erwachsenen                                                               S. 6
e)      Gesundheitsförderung durch Pädagogik                                                      S. 6
f)       Fundamente für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit                         S. 7
g)      Vom Lernen mit der Hand zum Lernen mit dem Kopf                               S. 7
h)      Vermittlung ethischer und sozialer Werte durch das tätige Vorbild           S. 7
i)       Eintritt in die Kindertageseinrichtung                                                          S. 8
j)       Vorbereitung auf die Schule                                                                         S. 8
 
2.      Bildungsbereiche                                                                                                                      S. 9
 
A)    Das freie Spiel als entwicklungsfördernde Aktivität
 
a)      pädagogische Aspekte                                                                                  S. 10
b)      Formen des Spiels im Entwicklungsgang des Kindes                                 S. 10
c)      Bildung ethisch- moralischer Werte durch das freie Spiel                           S. 11
d)      Spielanregung durch den Erwachsenen                                                       S. 12
 
             B)    Bewegung, Leibesentwicklung und Gesundheit
 
a)      Pädagogische Aspekte                                                                                 S. 12
b)      Bewegungs- und Leibesentwicklung des Kindes                                        S. 12
c)      Bildung ethisch – moralischer Werte durch Bewegungskultur                   S. 13
d)      Unterstützung der Bewegungsentwicklung durch den Erwachsenen          S. 13
 
C)    Sprachentwicklung
 
a)      Pädagogische Aspekt                                                                                   S. 14
b)      Förderung ethisch- moralischer Werte durch Sprache                                 S. 14
c)      Sprachliche Anregung durch den Erwachsenen                                           S. 15
 
 
D)    Rhythmisch- musikalisch- künstlerische Bildung                                                S. 15
 
a)      Pflege von Musik und Rhythmus                                                                 S. 15
b)      Bildung ethisch- moralischer Werte durch Musik                                       S. 16
c)      Künstlerische Tätigkeiten im Kindergarten                                                 S. 16
 
E)     Grundlagen mathematisch – naturwissenschaftlicher Bildung
 
a)      Pädagogische Aspekte                                                                                 S. 17
b)      Grundlagenbildung                                                                                      S. 18
c)      Bildung ethisch – moralsicher Werte                                                           S. 18
d)      Anregungen im Kindergartenalltag                                                              S. 19
 
F)     Bildung sozialer Fähigkeiten
 
a)      Pädagogische Aspekte                                                                                 S. 19
b)      Entwicklungsschritte zur Sozialfähigkeit                                                     S. 20
c)      Bildung ethisch – moralischer Werte                                                           S. 21
d)      Anregung der Sozialfähigkeit durch die Erwachsenen                                S. 21
 
G)    Grundlagen für Medienkompetenz im Kindergarten                                           S. 21
 
a)      Medienkompetenz entsteht nicht am Medium                                             S. 22
b)      Entwicklungspsychologische Aspekte                                                         S. 23
 
3.      Bildungsbedingungen                                                                                                                S. 24
 
A)    Selbsterziehung
a)      Selbsterziehung als Grundalge pädagogischen Handelns                            S. 24
b)      Freude bei der Arbeit und Kompetenz in den Arbeitsschritten                    S. 24
c)      Künstlerische Fähigkeiten der Pädagogen                                                   S. 25
d)      Aus- und Fortbildung                                                                                   S. 25
 
B)    Zusammenarbeit im Kollegium und mit den Eltern                                           S. 25
a)      Wöchentliche Konferenzarbeit im Kollegium                                              S. 25
b)      Zusammenarbeit mit den Eltern                                                                  S. 26
                                                                                                                           
            Beschwerdemanagement                                                                                          S. 26
C)    Kooperation zwischen Kindergarten und Schule                                               S. 26
 
D)    Zusammenarbeit mit Therapeuten, Ärzten, Fachberatern                                  S. 27
 
E)     Qualitätsentwicklung
a)      Dokumentation der Entwicklung der Kinder                                               S. 27
b)      Leitbildarbeit, Konzeptgestaltung, Qualitätsentwicklung                            S. 27
 
F)     Kollegiale Selbstverwaltung und Führung der Einrichtung                               S. 27
 
G)    Zusammenarbeit der Waldorfeinrichtungen                                                       S. 28
 
H)    Integration in das soziale Umfeld                                                                      S. 28
 
I)       Architektur und Raumgestaltung                                                                       S. 29



1.      Bildungs- und Erziehungsziele
 
A)    Allgemeine Ziele
 
a)      Achtung vor der Individualität des Kindes
Waldorfpädagogik sieht in jedem Kind – ungeachtet seiner sozialen, ethnischen und religiösen Herkunft – eine einmalige, unantastbare Individualität, die schon vor der Geburt und Konzeption existiert hat. Es bringt aus seiner Vergangenheit ein ganz persönliches Schicksal in das jetzige Erdenleben mit, verbunden mit zunächst noch verborgenen und dem Kind selbst nicht bewussten Begabungen für die Zukunft, die erst im späteren Leben nach und nach hervortreten. Mit Blick auf das individuelle Wohlbefinden des Kindes behalten wir es uns vor eine Einzelintegration zu ermöglichen, sofern es die pädagogische und personelle Situation erlaubt.
 
b)      Begleitung in die Freiheit und Verantwortungsfähigkeit
Erziehung und Bildung haben die Aufgabe, den jungen Menschen auf seinem Wege der Selbstfindung zu unterstützen, damit er die in Ihm liegenden Fähigkeiten und Intentionen entdecken und entfalten kann. In dem Maße, wie er fähig wird, immer mehr in Übereinstimmung mit sich selbst und den eigenen Zielen zu leben, ist er frei. Das versetzt ihn in die Lage, Verantwortung übernehmen zu können nicht nur für die eigene Entwicklung, sondern auch für die Entwicklung anderer Menschen, für die Erde als Lebensorganismus, für die kulturelle und wirtschaftliche Zukunft der Menschheit. Erziehung und Bildung sollen diesen Weg zur Freiheit und Verantwortungsfähigkeit des Menschen unterstützen.
 
c)      Ausbildung und Sozialfähigkeit
Waldorfpädagogik möchte Kinder und Jugendliche mit den Fähigkeiten ausstatten, die notwendig sind, um in der sozialen Gemeinschaft fruchtbar wirken zu können. Respekt für den anderen Menschen, Empathiefähigkeit und demokratisches Bewusstsein gehören ebenso dazu wie moralische Urteilsfähigkeit, Initiativfreudigkeit und die Bereitschaft zur Übernahme von Pflichten. Im Blick auf die multikulturell sich entwickelnde Gesellschaft unserer Zeit liegt eine wichtige Aufgabe in der Pflege des vorurteilsfreien Interesses für Menschen mit einem anderen Kulturhintergrund, so dass Offenheit und Verständnis entstehen können. Kinder unterschiedlichster Herkunft und Begabung und beiderlei Geschlechts sollen miteinander leben und lernen in einem Klima gegenseitiger Achtung und Wertschätzung.
 
d)      Veranlagung einer umfassenden Gesundheit
Waldorfpädagogik sieht ein vorrangiges Ziel ihrer Bemühungen in der Förderung und Sicherung einer tragfähigen Gesundheitsbasis, wobei es nicht allein um die Pflege der leiblichen Grundlagen (z.B. durch gesunde Ernährung und genügend Bewegung) geht, sondern auch um die umfassende Harmonisierung der seelisch-geistigen Organisation durch das Individuum.
 
Gesundheitsförderung wird aber auch im medizinischen und therapeutischen Sinne betrieben. Die ärztlich verordnete Heileurythmie hat in der Einrichtung ihren festen Platz ebenso die Sprachgestaltung.
 
Waldorfpädagogik bemüht sich alle Kräfte und Fähigkeiten des jungen Menschen- von der leiblichen bis hin zu den intellektuellen Fähigkeiten des jungen Menschen- in voller Breite mit genügend Zeit reifen zu lassen, um so das Fundament für lebenslange Lern. u. Leistungsfähigkeit zu legen. Nachhaltigkeit ist ihr Anliegen, nicht Schnelligkeit. Jedem Kind muss die Zeit eingeräumt werden, die es für seine individuelle Entwicklung braucht. Sie setzt auf eine ganzheitliche, möglichst umfassende Bildung und Erziehung, die jedem Kind – gleichgültig ob Junge oder Mädchen – die Möglichkeit gibt, sich gemäß seinen Anlagen zu entwickeln. Enge Zusammenarbeit mit den Eltern oder Erziehungsberechtigten ist dabei selbstverständlich.
 
e)      Gesamtbildungsgang von 0 bis 18 Jahren
Waldorfpädagogik sieht die Notwendigkeit, Bildung und Erziehung als einen durchgehenden Prozess zu verstehen, der bereits mit der Geburt beginnt und erst mit dem Erreichen der Mündigkeit sein Ende findet. Frühe Kindheit, Kindergartenzeit und Schulzeit werden als Stationen eines durchgehenden Bildungsprozesses gesehen.
 
B)    Ziele für die Elementarstufe
 
a)      Eigener Bildungsauftrag für die Elementarstufe
Auf Grund ihres Verständnisses entwicklungsphysiologischer und entwicklungspsychologischer Gesetzmäßigkeiten sieht Waldorfpädagogik für die frühkindliche Erziehung wie auch für den Bildungsauftrag des Kindergartens ganz anders geartete Aufgaben als für die darauf folgende Schulzeit. Nicht das Herausfordern intellektueller und reflektorischer Möglichkeiten steht im Vordergrund, sondern das Eintauchen in vielfältig differenzierte Tätigkeiten und sinnlich-konkrete Wahrnehmungen, durch die das Kind seine Erfahrungswelt in unmittelbarer, aktiver Teilnahme erweitert und vertieft. In diesem Zusammenhang kommt dem freien kindlichen Spiel große Bedeutung zu. Ferner gilt es, die Nachahmungsfähigkeit des Kindes durch die Tätigkeit der Erwachsenen und Ihr Verhalten bewusst anzuregen und zu pflegen, denn Nachahmung ist für das Lernen in diesem Alter fundamental.
 
b)      Pädagogische Gestaltung des Lebensumfeldes
Das Kind trägt in sich einen Quell unerschöpflicher Aktivität. Es ist ein Wesen, das sich aus eigenem Antrieb entwickelt und bildet. Das schrittweise Ausbilden seiner sensorischen und motorischen Fähigkeiten, mit denen es sich in der Welt bewegen und die Welt erkunden kann ist dem Kind selbst ein Bedürfnis, dem es mit größter Intensität nachkommt. Es arbeitet sich gewissermaßen von selbst in die Welt hinein und entwickelt dadurch seine Fähigkeiten. Da aber die Umgebung heute vielfach nicht mehr das nötige Maß an Anregungen und Betätigungsmöglichkeiten bietet, die das Kind vorfinden müsste, um sich selbst bilden zu können, gewinnt die pädagogische Gestaltung des Lebensumfeldes des Kindes zunehmend an Bedeutung. Elternhaus u. Kindergarten (wie später auch die Schule) haben die Aufgabe, die äußeren und inneren Bedingungen zu schaffen, die es dem Kind von Geburt an ermöglichen, sich gemäß seinen individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu entwickeln
 
c)      positive Lernatmosphäre und verlässliche Beziehungen
Eines der Hauptbedürfnisse des Kindes, damit es körperlich wie auch seelisch und geistig gedeihen kann, ist die liebevolle Zuwendung des Erwachsenen, verbunden mit der Bereitschaft, als Bezugsperson eine vertrauenswürdige und verlässliche Bindung zu dem Kind aufzubauen. Die positive emotionale Umgebung bildet den entscheidenden Nährboden für gesunde Entwicklung, für Lerneifer u. Weltinteresse und gehört somit zu den Gestaltungsaufgaben aller am Erziehungsprozess Beteiligten.
 
d)      Vorbildfunktion der Erwachsenen
Ungeachtet der Fähigkeit zur Selbstbildung benötigt das Kind auf allen Gebieten Vorbilder, an denen es sich orientieren und die es nachmachen kann. Die innere Haltung und das äußere Verhalten der Erwachsenen bilden die erste und elementarste Lernumgebung des kleinen Kindes, die in seiner Biographie wesentliche Spuren hinterlässt. Durch Selbsterziehung und bewusste Reflexion der eigenen Tätigkeit können die Erzieher ihrer Vorbildaufgabe gerecht werden.
 
e)      Gesundheitsförderung durch Pädagogik
Waldorfpädagogik ist in ihrer Methodik und Didaktik darauf ausgerichtet, gesundheitsfördernd zu wirken. Hierbei wird Gesundheit nicht als Abwesenheit von Krankheit verstanden, sondern als Anwesenheit eines schöpferischen Potentials an leiblichen, seelischen und geistigen Entfaltungsmöglichkeiten. Diese erlauben es dem Menschen, das eigene Schicksal kreativ in die Hand zu nehmen und dadurch immer mehr er selbst zu werden. Ein Individuum mit unverwechselbarer, einmaliger Signatur. Zur gesunden Förderung der individuellen Kräfte gehört auch der Grundsatz, nicht von außen ein festes Lerntempo vorzugeben, sondern die Geschwindigkeit der Lernschritte den individuellen Möglichkeiten des Kindes im jeweiligen Alter anzupassen. Das Ziel, das dem Kind bei Beginn der Schulzeit, die leibliche Organisation als verlässliches und belastbares Instrument zur Verfügung stehen sollte, wird in der heutigen Zeit oft nur unzureichend erreicht. Schulärzte und Schulaufnahmegremien, aber auch die Erzieher in den Kindergärten konstatieren immer häufiger Dissoziationen: Intellektuell sind manche Kinder bereits schulfähig, physiologisch, psychisch und sozial aber noch längst nicht. Waldorfpädagogik bemüht sich, sowohl im Kindergarten- wie im Schulbereich Wege zu finden, um den Kindern in geeigneter Weise eine Nachreifung der noch zurückgebliebenen Fähigkeiten zu ermöglichen. Das gilt auch für die Defizite in der Sprachentwicklung, von denen heute immer mehr Kinder betroffen sind.
 
f)      Fundamente für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit
Um das gesundheitliche Fundament für lebenslange Lern- u. Leistungsfähigkeit zu sichern, legt die Waldorfpädagogik großen Wert darauf, dass das schulische Lernen erst dann beginnen sollte, wenn das Kind sich auf eine ausreichend entwickelte leibliche Organisation stützen kann. Es wird davon ausgegangen, dass diejenigen Kräfte die im Kleinkindalter als organbildende und gestaltgebende Kräfte in der leiblichen Organisation wirksam sind, ungefähr ab dem siebten Jahr in verwandelter Form zur Verfügung stehen, nämlich als Gedanken- und Gedächtniskräfte, mit denen das Schulkind sich Begriffe und innere Vorstellungen bilden kann.. Jede vorzeitige Inanspruchnahme dieser Kräfte für intellektuelle Tätigkeiten zieht sich von der Ausgestaltung der leiblichen Organisation ab und kann daher eine langfristige Schwächung der Konstitution bewirken.
 
g)      Vom Lernen mit der Hand zum Lernen mit dem Kopf
Waldorfpädagogik folgt dem Grundsatz, dass die kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten des Schulkindes über konkrete Tätigkeiten des Kleinkindes veranlagt werden, über das Erwerben körperlich-motorischer Geschicklichkeit und das aktive Miterleben sinnvoller Arbeits- u. Lebensprozesse. Dem Lernen mit dem Kopf geht das Lernen mit Herz, Hand und Fuß voraus, das im Kindergarten im Vordergrund steht. Wurde dem Kind ausreichend Gelegenheit gegeben, sich durch unmittelbare körperliche Erfahrungen mit den Gegenständen, Vorgängen und Tatsachen seiner Lebensumwelt vertraut zu machen und sich auch mit seiner Gefühlssphäre innig zu verbinden, stärkt das im salutogenetischen Sinne die Kohärenzerfahrung und damit die Basis für ein künftiges initiativfreudiges, kreatives Gestalten der Welt, für Entdeckerfreude u. Lernfähigkeit. Es gehört daher zu den Aufgaben der Erzieher, nicht nur den inneren, sondern auch den äußeren Entwicklungsraum für die Kinder so zu gestalten, dass die Individualität in vielfältiger Weise angeregt wird, auf allen Ebenen – leiblich, seelisch und geistig – die eigenen Kräfte zu aktivieren.
 
h)      Vermittlung ethischer und sozialer Werte durch das tätige Vorbild
Zu den pädagogischen Elementen, die dem kleinen Kind Lebenssicherheit und inneren Halt geben, gehören neben der emotionalen Zuwendung der Erwachsenen auch die Vermittlung ethisch-moralischer Qualitäten, das verbindliche Setzen von Grenzen und Regeln, das Wahrnehmen guter Umgangsformen und Konfliktlösungsstrategien, ein natürliches Verhältnis zur Geschlechtlichkeit. In der Waldorfpädagogik wird versucht, das alles nicht auf dem Wege der Reflexion und der Diskussion an die Kinder der Elementarstufe heranzutragen, sondern indem die gewünschten Qualitäten durch das Vorbild der Erwachsenen gelebte Wirklichkeit sind, die das Kind als selbstverständliche Tatsache in seiner Lebensumgebung vorfindet und sich durch Nachahmung zu eigen macht. Begegnen die Erwachsenen jedem Kind mit Respekt und Wertschätzung, mit Toleranz und Einfühlungsvermögen, so wirkt das unmittelbar auf das Verhalten des Kindes und wird zur Gewohnheit. Ebenso erwartet das Kind die Einhaltung von Regeln und Verabredungen und erfährt durch deren verlässliche Ausführung im praktischen Vollzug, was es bedeutet, sich in eine soziale Gemeinschaft einzuordnen. Darüber hinausgehend ist es der Waldorfpädagogik ein Anliegen, durch die bewusste Pflege von Ritualen, durch das Feiern jahreszeitlicher Feste, durch Singen u. Musizieren, durch das Einstudieren kleiner Theaterspiele, durch das tägliche Sich versammeln zum Anhören einer Geschichte nicht nur das Gemeinschaftserlebnis zu stärken, sondern auch die seelische Erfahrungswelt der Kinder anzuregen und zu bereichern. Bildhaft-konkrete Darstellungen, wie sie im Märchen, in Legenden oder kleinen Spielen zu finden sind, erschließen dem Kind ohne verbale Belehrung den Aufblick zu höheren Ebenen menschlicher Existenz, zu den Fragen nach dem Woher und Wohin, nach dem Sinn des Lebens. Diese Tätigkeiten sollen so gestaltet werden, dass sie immer offen sind für das, was Kinder in anderen Kulturkreisen und anderen Religionsgemeinschaften mitbringen. Weltanschauliche Indoktrination liegt der Waldorfpädagogik fern.
 
i)       Eintritt in die Kindertageseinrichtung
Die Kinder und Eltern bekommen die Möglichkeit, im Jahr vor dem Eintritt, die Kindertageseinrichtung kennenzulernen. Die Familien werden zu bestimmten Veranstaltungen eingeladen (Tag der offenen Tür, Infoelternabend, Aufnahmegespräch, Kennenlern-Nachmittag, Bastelnachmittag)
Der erste Kindergartentag findet gemeinsam mit den Eltern statt und soll dem Kind und den Eltern einen Einblick in den Kindergartenalltag geben. Das schafft Vertrauen für die weitere gemeinsame Zeit.
Der weitere Eingewöhnungsprozess wird gemeinsam mit den Eltern individuell auf die Bedürfnisse des Kindes angepasst.
 
j)       Vorbereitung auf die Schule
Die Förderung der Vorschulkinder findet, integriert in das Alltagsgeschehen, in allen Bereichen und durch das ganze Jahr hinweg statt.
Die altersgemischte Gruppe erweist sich als eine natürliche Hilfe auf dem Weg zur Sozialfähigkeit, besonders im letzten Jahr vor der Schule, in welchem den Großen die Abläufe im Kindergarten schon vertraut sind. Somit können sie den kleinen Kindern Vorbild sein. Hier lernen sie zum Beispiel gegenseitiges Helfen und Aufgaben übernehmen, wie z.B. Spülen, Blumen gießen, Konfliktlösungen, sich entschuldigen, geben, nehmen, teilen (soziale Fähigkeiten, Kommunikationstechniken)
Es findet für jedes Vorschulkind ein Elterngespräch statt, um gezielt auf die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Kindes pädagogisch eingehen zu können.
Im letzten Halbjahr vor der Einschulung wird die Arbeit mit den Vorschulkindern noch intensiviert. Es finden nun wöchentliche Angebote statt, in denen die verschiedenen Fähigkeiten der Kinder besonders gefördert und unterstützt werden, um so die Grundlagen für den Einstieg in die Schule zu bereiten.
 
Motorik Geschicklichkeit.
-          Bewegungsförderung durch das Spiel mit Bällen, Seilen, Stelzen
-          Tanz, rhythmische Bewegungsspiele und diverse Gruppenspiele
-          Vorschuleurythmie
-          Handwerkliche- und künstlerische Arbeiten (Holzarbeiten, Webearbeit, Fingerhäkeln, eine große Vorschularbeit)
 
Konzentration, Ausdauer, Gedächtnis
-          Harfe spielen (erstes Kennenlernen eines Instrumentes)
-          Vorschulgeschichte (ausgewählte Geschichten zur Bildung ethisch – moralischer Werte und zur Bildung logischen, abstrakten Denkens
-          Höhepunkt des Vorschuljahres ist der jährliche Ausflug mit den Vorschulkindern und das Vorschulkinderabschlussfest
 
2.      Bildungsbereiche
Wie oben dargelegt, ist das Lernen im Kindergarten ein implizites; es ergibt sich ohne Reflexion unmittelbar aus dem Wahrnehmen der Umwelt und dem Mitvollzug ihrer Aktivitäten. Rückhaltlose Hingabe an die sinnlichen Eindrücke und tätiges sich verbinden mit der Welt liegt in der Natur des Kindes, und diese Eigenart ist die Grundlage seiner Selbstbildung. Das aber bedeutet, dass alles Lernen in diesem Alter ein ganzheitlicher und komplexer Vorgang ist, der sich nicht in einzelne Fächer zerlegen lässt. Wenn im Folgenden dennoch einzelne Bildungsbereiche getrennt beschrieben werden, so muss dabei immer bedacht werden, dass sie in der Realität nie isoliert auftreten und auch nicht isoliert gefördert werden können, sondern sich vielfältig überschneiden und mischen. So wird z.B. beim Backen von Brötchen der Nahrungs- u. Gesundheitsaspekt eine Rolle spielen, aber gleichzeitig wird die Motorik gefördert durch die Tätigkeit des Knetens, das physikalische Verständnis wird angesprochen durch den Vorgang des Backens, das mathematisch-mengenmäßige Vorstellen durch das Zählen der fertigen Brötchen usw.. Ganz besonders gilt dies auch für den Bereich der ethisch-religiösen Bildung, die in allem Tun und Arbeiten mit den Kindern anwesend sein sollte. Denn es ist nicht ein besonderer Inhalt, der in Betracht kommt, sondern die Frage, ob der Erwachsene in der Lage ist, eine Grundhaltung der Ehrfurcht authentisch vorzuleben, Andacht und Liebe als Lebenspraxis zu verwirklichen. Nicht Wissen, sondern das reale Erleben solcher Gesinnungen und Haltungen übt auf das kleine Kind eine zutiefst moralische Wirkung aus. Statt dem Kind die Welt durch technische Medien vorzustellen, wird die unmittelbare Erfahrung durch eigene Betätigung und Entdeckerfreude herausgefordert und damit die Selbstbildungsfähigkeit gestärkt. Ebenso sieht Waldorfpädagogik die Notwendigkeit, die spätere Fähigkeit zu gedanklicher Reflexion und intellektueller Urteilsbildung gerade dadurch zu fördern, dass sie im Elementarbereich noch nicht explizit herausgefordert wird. Das Kind belehrt sich selbst an den von den Erwachsenen gestalteten Tatsachen und Verhältnissen seiner Umwelt. Erst wenn es eine gewisse Entwicklungsstufe gegen Ende des ersten Jahrsiebts erreicht hat, haben bewusste Reflexion und gedankliche Arbeit ihren berechtigten Platz im Lernprozess. Der Fähigkeit zur Selbstbelehrung wird auch dadurch Rechnung getragen, dass keine gesonderten Angebote für Jungen und Mädchen gemacht werden. An dem reichen pädagogischen Angebot greift jedes Kind aus eigenem Antrieb dasjenige auf, was seinen Neigungen entspricht, und darin wird es von dem Erzieher unterstützt.
 
 
 
A)    Das freie Spiel als entwicklungsfördernde Aktivität
(BEP Werteorientiert und verantwortungsvoll handelnde Kinder S. 171)
 
a)      Pädagogische Aspekte
Das Spiel des kleinen Kindes unterscheidet sich deutlich von dem des älteren Kindes und erst recht von dem des Erwachsenen. Es würde gründlich missverstanden, wollte man es als eine Art „Freizeitbeschäftigung“ ansehen. Spiel ist für kleine Kinder Arbeit, mit der es sich die Welt zu eigen macht. In keiner anderen Tätigkeit kann das Kind seine Selbstbildung so umfassend verwirklichen wie hier: Sämtliche Lebenskompetenz werden grundlegend geübt, und zugleich bietet das freie Spiel eine hervorragende Grundlage für die Entfaltung der eigenen Individualität. Mit dem gleichen Ernst, mit dem das Kind in seinem Spiel lebt, kann es sich später als Erwachsener mit seiner Arbeit verbinden. Der Unterschied zwischen dem Spiel des Kindes und der Arbeit des Erwachsenen besteht nur darin, dass sich die Arbeit in die äußere Zweckmäßigkeit der Welt einfügen muss, das Tun des Kindes aber auf Impulsen beruht, die aus seinem Inneren aufsteigen und völlig zweckfrei ausgeführt werden dürfen. Das freie Spiel, wie es hier gemeint ist sollte, unbeeinflusst von lehrhaften und reflektierenden, Eingriffen der Erwachsenen bleiben und sollte auch von Seiten des Spielmaterials möglichst wenig vorbestimmt sein, sodass hierfür Naturmaterialien wie Holzklötze, Baumwoll-/Seidentücher, Wolle, Kastanien, Steine etc., damit das Kind, getaucht in die schöpferische Phantasie des Augenblickes, den Dingen der Welt von innen heraus ihre Bedeutung geben kann. Hier erprobt es Autonomie, Souveränität und Freiheit, indem es ganz aus eigenem Antrieb handelt und die Werte und Regeln selbst bestimmt. Im Spiel wird dem Kind Gelegenheit gegeben, die täglichen Erfahrungen, die es in seiner Umgebung macht, aus eigenem Willen zu ergreifen und im nachahmenden Tun kreativ zu verarbeiten. Traumatische Erlebnisse, Hemmungen, Aggressionen oder Ängste können abgebaut und in positive Kräfte umgewandelt werden.
 
b)      Formen des Spiels im Entwicklungsgang des Kindes
Das freie Spiel verwandelt sich in seiner Eigenart durch die einzelnen Altersstufen hindurch und spiegelt dadurch den Entwicklungsgang des Kindes.
 
In den ersten beiden Lebensjahren entdeckt das Kind zunächst spielend seinen eigenen Körper. Hände und Füße werden ertastet, die motorischen Fähigkeiten erprobt, die Koordination zwischen Auge und Hand sowie zwischen Rechts und Links wird immer weiter verfeinert. Sobald das Kind laufen kann, ergreift es mit größter Lust alle Gegenstände seiner Umgebung, betastet und erkundet sie und führt damit teilweise auch Bewegungen aus, die es am arbeitenden Erwachsenen, in seinen Gesten und Gebärden wahrgenommen hat. Im freudigen eigenen Tun erwacht der Sinn für die Bedeutung der Dinge und ihre Zusammenhänge. Jede Art von Bemühungen, dem Kind den Zweck der Tätigkeit durch Belehrung nahe zu bringen, würde es eher zu einem distanzierten Verhältnis veranlassen, statt das innige, spontane Verbundensein mit den Dingen zu fördern, das charakteristisch ist für das unbewusste Lernen der ersten Lebensjahre.
 
 
Im dritten bis fünften Lebensjahr ändert sich das Spielverhalten des Kindes. Längst hat es gelernt, sich frei im Raum zu bewegen und frei geht es auch mit den Gegenständen um, die ihm zum Spielen dienen: Mit unerschöpflichem Einfallsreichtum hebt es deren Zweckbestimmung auf und benutzt sie in ganz anderer Weise. Der Kochlöffel wird beispielsweise zum Telefonhörer oder zum Geigenbogen, die Fußbank zum Motorrad, zum Puppenbett oder zu einem Herd. Aber nicht nur der Umgang mit den Dingen ändert sich, sondern auch der Spielverlauf selbst nimmt immer wieder neue Formen an, sobald neue Eindrücke aus dem Umfeld dazu anregen. Gegenstände und Ereignisse in seiner Umgebung sind dem Kind willkommene Anlässe die Kräfte seiner Phantasie zu betätigen; es will verwandeln, ergänzen, neu schaffen, über das Vorgegebene hinausgehen. Sein Horizont erweitert sich dabei kontinuierlich, die Wahrnehmungen verknüpfen sich mit Gefühlen und Gedanken; Sinneszusammenhänge werden erfasst.
 
Im sechsten und siebten Lebensjahr lässt sich wieder eine deutliche Veränderung im Spielverhalten bemerken: Waren bisher die äußeren Eindrücke und Erlebnisse, die das Kind zum Spielen anregten, so kommen die Anregungen nun zunehmend von innen, aus den Bildern des eigenen Vorstellungs- u. Erinnerungsvermögens. Der Gedanke geht dem Willen voraus, indem das Kind zuerst Pläne macht, die dann zielgerichtet ausgeführt werden. Das Spielmaterial bleibt das gleiche wie vorher, doch legen Kinder jetzt Wert darauf festzustellen, dass die von ihnen phantasievoll aufgebaute Welt der realen Welt vollkommen gleicht, indem die benutzten Gegenstände zu „echten“ Gegenständen erklären. So verwandelt sich z.B. ein Kinderbesen, durch einen Korbgriff gesteckt und mit Bindfaden umwickelt zu einem Außenbordmotor, der „echt“ funktioniert, wenn sich der Besen dreht. Das Spiel wird auf dieser Stufe zunehmend gesellig und der Spielverlauf kontinuierlich. Ganze Handlungsabläufe können erinnert und nachvollzogen werden. Die Kinder weisen sich bestimmte Rollen zu und stellen selbst Regeln auf, an die sie sich halten. Über mehrere Tage können sich solche Spielthemen fortsetzen. Oft wissen die Kinder schon vor der Ankunft im Kindergarten, was sie spielen wollen.
 
c)      Bildung ethisch – moralischer Werte durch das freie Spiel
Wenn dem Kind für das Durchlaufen der geschilderten Phasen des Spiels ausreichend Zeit und Ruhe gelassen wird, können sich Wille, Gefühl und Vorstellungsleben gesund entwickeln und eine tiefe Verbindung miteinander eingehen. Das Kind lernt nicht nur, den eigenen, von innen kommenden Impulsen treu zu bleiben und sie tätig in die Wirklichkeit umzusetzen, sondern auch zu fühlen, was es will und tut und die Folgen immer besser zu überschauen. So entstehen aus dem Ernst des freien, schöpferischen Spielens Keime der Moralität und Besonnenheit: Freiheit paart sich mit persönlicher Verantwortung, schöpferische Phantasie mit Regelbewusstsein, Ich-Kompetenz mit Rücksichtnahme. Grundlegende soziale und moralische Fähigkeiten werden für das spätere Leben angelegt.
 
d)      Spielanregung durch den Erwachsenen
Um ein inhaltsvolles, reiches Spiel anzuregen, bedarf es nicht nur der Ruhe und einer positiven Atmosphäre; hilfreich ist auch Spielmaterial aus der Natur, das keinen Zweck vorgibt, sowie eine Umgebung, in der die Erwachsenen in Gegenwart des Kindes sinnvolle, den praktischen Zwecken des Lebens entsprechende Arbeiten verrichten, die für das Kind durchschaubare Zusammenhänge ergeben. Das regt die Nachahmung an und weckt das Spielen, während inszenierte Beschäftigungen oder Lernprogramme nur die Zeit für freies Spielen beschneiden und dadurch verhindern, dass sich die individuelle, schöpferische Initiative entfalten kann.
Während der Freispielzeit am Morgen werden in den Gruppenräumen daher Frühstück zubereitet und kleine Hand- oder Hausarbeiten verrichtet, bei denen die Kinder sich anschließen können.
 
B)    Bewegung, Leibesentwicklung und Gesundheit
(BEP: Starke Kinder S. 354ff)
 
a)      Pädagogische Aspekte
Immer in Bewegung, aktiv mit dem ganzen Körper und allen Sinnen, erschließt sich das kleine Kind seine Welt. In keinem Lebensabschnitt haben Bewegung und sinnliche Erfahrung eine so überragende Bedeutung wie in den ersten Lebensjahren. Denn jede Tätigkeit, sei sie motorischer oder sensorischer Art, schlägt sich beim heranwachsenden Kind in neurologischen Strukturen nieder. Fortwährende Bewegung stärkt die Fähigkeiten der Leibesbeherrschung und legt damit die wichtigsten Grundlagen für ein positives Körpergefühl, für gesunde Leibesentwicklung, für eine ausdrucksstarke Seelenfähigkeit. Welt- u. Selbsterfahrung erhalten ihr Fundament, die ganze Biographie wird dadurch geprägt.
 
b)      Bewegungs- und Leibesentwicklung des Kindes
Im ersten und zweiten Lebensjahr erobert das Kind seinen Leib. Es beginnt mit der ersten Koordination der Augen und der Kontrolle der Kopfbewegungen, geht weiter zum Spiel mit den eigenen Händen, später auch mit den Füßen, dann folgt das Rollen, Robben, Krabbeln, Aufrichten und Gehen. Parallel zu diesen intensiven, wenn auch unbewussten sensomotorischen Leistungen des Kindes reifen die Sinnesorgane und die Strukturen des Nervensystems aus, und diese Strukturen bilden die Grundlage für Sprachfähigkeit und Denkfähigkeit. Bis zum fünften Lebensjahr gewinnt das Kind Sicherheit im Gleichgewichthalten, es kann Treppen steigen, ausdauernd gehen, hüpfen, springen, sich aus- u. anziehen. Über die immer bewusster werdende Wahrnehmung übt es gezielt seine Bewegungsfähigkeiten bis in die Fuß- u. Fingerspitzen hinein und erwirbt sich so die Geschicklichkeit, die z.B. für das Binden von Schleifen und das Einfädeln von Nadeln notwendig ist. Das Fußgewölbe und die Schwingung der Wirbelsäule sowie die Rundung des Brustkorbes bilden sich aus, Herzrhythmus und Atmung werden stabil. Im sechsten und siebten Lebensjahr beherrscht das Kind zunehmend die Koordination seiner Arme, Hände, Beine und Füße, die Feinmotorik wird differenziert, der gesamte Körper findet zu einem sicheren Bewegungs- u. Gleichgewichtsvermögen. Die Gliedmaßen gestalten sich aus und erhalten eine neue Proportion zum übrigen Leib.
 
Die geschilderten Phänomene sind der sichtbare Ausdruck einer immer größeren Reifung des zentralen Nervensystems und – mit ihr einhergehend – auch des Bewusstseins. Seelisch-geistige Fähigkeiten wachsen heran. Die Beobachtung der Bewegungs- u. Leibesentwicklung kann den Erziehern helfen, dem Kind die richtigen Entwicklungsanregungen zu geben oder auch therapeutische Hilfe anzubieten, wenn ein Schritt unvollständig oder verzögert geschieht. Ferner kann die Beobachtung und Beurteilung des körperlichen Ausreifens eine Hilfe sein bei der Entscheidung, wann bei dem einzelnen Kind die Reife für schulisches Lernen erreicht ist. Denn in dem Maße, in dem der Leib ausreift, werden seelisch-geistige Kräfte frei. Die skizzierte Entwicklung drückt sich in den Kinderzeichnungen aus, deren Motive altersabhängig sind und bei allen Kindern über die Welt hin in gleicher Art in Erscheinung treten. In ihnen kommt eine allgemeine Gesetzmäßigkeit zum Ausdruck, die zur Einschätzung des Entwicklungsstandes eines Kindes mit herangezogen werden kann, vorausgesetzt, die Zeichnung entstand wirklich aus einem inneren Impuls des Kindes selbst, unabhängig von äußeren Vorgaben oder Aufforderungen.
 
c)      Bildung ethisch – moralischer Werte durch Bewegungskultur
Nur eine sinnvolle, zielgerichtete Bewegung hat bildenden Wert für die Entwicklung des Kindes. Sinnloses Toben und Rasen wirkt sich eher negativ aus und ist nicht geeignet, das Gehirn zu strukturieren. Daher ist es für das kleine Kind entscheidend, dass es beim Erwachsenen in reichem Maße von innen geführte, seelisch belebende Bewegungen wahrnimmt, die es nachmachen kann. Das hilft ihm, seinen eigenen Bewegungsorganismus immer differenzierter zu durchdringen und zur vollen Funktionstüchtigkeit auszubilden. Aus dem erreichten Können erwachsen Freude, Kraft und Zuversicht, aber auch Handlungskompetenz und Durchhaltevermögen. Eigenschaften also, die den heranwachsenden Menschen befähigen, mit großer Positivität auf die Welt zuzugehen und in ihr sinnvoll zu wirken. Zugleich wird aber auch der moralische Sinn des Körpers angeregt: Gesten und Gebärden, Mimik u. Körpersprache des Erwachsenen sind für das Kind untrügliche Zeichen für die Gesinnung, die im Erwachsenen lebt. Mag er sich noch so bemühen, negative Motive zu verbergen, anhand der Bewegungen spürt das Kind dennoch den Bruch zwischen äußerem Anspruch und innerer Realität. Der Sinn für Wahrhaftigkeit wird tätig, lange bevor das Kind Fragen der Moralität bewusst reflektiert.
 
d)      Unterstützung der Bewegungsentwicklung durch den Erwachsenen
Die Bewegungsentwicklung wird für das Kind gesund verlaufen, wenn es genügend Bewegungsraum hat, Zeit zum ungestörten Üben, und dazu natürliches Material zum Spielen, Bauen und „Arbeiten“. Eine Grundbedingung ist allerdings, dass wir ihm gestatten, die einzelnen Entwicklungsschritte und Erfahrungen in dem Tempo zu durchlaufen, das seiner Individualität gemäß ist. Das Kind sollte sich dabei getragen fühlen von der liebevollen Zuwendung der Erwachsenen.
Eine große Hilfe für Kinder sind ferner rhythmisch wiederholte Abläufe und sinnvoll geordnete Tätigkeiten, die sich durch ihre regelmäßige Wiederkehr einprägen und dadurch ordnend und strukturierend auf die Leibesbildung wirken. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird bei uns Wert gelegt auf einen stets ähnlich wiederkehrenden Tagesablauf und Wochenrhythmus, auf ein regelmäßig wiederkehrendes Angebot an Fingerspielen, Handgestenspielen, Reigenspielen, Reimen und Liedern, die von den Kindern mit- und nachgespielt werden können.
In der wöchentlichen Eurythmiestunde bewegt sich das Kind nach den Gesetzmäßigkeiten von Versen und Tönen, Rhythmen und Melodien, nimmt freudig die Gebärden des Erwachsenen auf und schult seine Geschicklichkeit auf dem Weg zu einer geführten eigenen Bewegung. Auch das Malen mit Wasserfarben und Wachsstiften, das Bienenwachskneten, Handarbeiten und Handwerken regen dazu an, sowie die Hilfe in der Hauswirtschaft beim Waschen, Backen, Obstschneiden oder in der Gartenpflege. Das Spiel drinnen und draußen, bei jedem Wetter, geben vielfältige Gelegenheit für Bewegungserfahrung- und schulung
 
C)    Sprachentwicklung
(BEP: Sprach- und medienkompetente Kinder S. 207ff)
 
a)      Pädagogische Aspekte
Sprache bedeutet für den Menschen weit mehr als nur ein Mittel zur Kommunikation. Sie ist die wichtigste Grundlage allen sozialen Lebens, indem sie uns die Möglichkeit gibt, einander mitzuteilen, was uns im Innern bewegt. Aber Sprache leistet noch mehr: Indem das Kind sie lernt, erschließen sich ihm die Sinnzusammenhänge der Welt, strukturiert sich der Kosmos der Gedanken. Fragen nach dem Woher und Wohin des Menschen, nach dem Warum der Dinge und Vorgänge können nur durch das Medium der Sprache gestellt und beantwortet werden.
Die im vorigen Abschnitt dargestellte grob- und feinmotorische Entwicklung bildet die leibliche Voraussetzung für den Spracherwerb des Kindes. Wie aber das Kind den aufrechten Gang nicht erlernen könnte ohne das Vorbild aufrecht gehender Erwachsener, so braucht es auch für den Spracherwerb ein Gegenüber. Der weitaus größte Teil sprachlicher Kommunikation geschieht nonverbal, und so ist das Kind darauf angewiesen, die Feinheiten der sprachlichen Melodie, des Tonfalls und des Rhythmus nicht nur zu hören, sondern sie auch in einen Zusammenhang bringen zu können mit der visuell erfahrbaren Gestik, Mimik und Haltung des Sprechenden. Dazu bedarf es der lebendigen Interaktion von Mensch zu Mensch, und so braucht das Kind Erwachsene, die ihm ihre Aufmerksamkeit und genügend Zeit schenken. Das wechselseitige Hören und Sprechen ist die Voraussetzung für jegliche Sprachentwicklung und Sprachförderung.
 
b)      Förderung ethisch – moralischer Werte durch Sprache
Durch die Sprache erhält das Kind nicht nur die Möglichkeit, seine eigenen Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. In wachsendem Maße vermittelt ihm die Sprache auch die Gedanken und Gefühle anderer Menschen, die Weltsicht fremder Kulturen. Es kann sich in sie hineinversetzen, menschliche Beziehungen aufbauen und Andere in ihrem Anderssein verstehen.
Mit dem Spracherwerb bildet sich im Kind ferner der Sinn für Moralität und Wahrhaftigkeit, denn es lernt, dass jedes Wort eine bestimmte Bedeutung hat, und geht deshalb instinktiv davon aus, dass die nach dem Wort zu erwartende Handlung auch eintritt, dass Wort und Tat übereinstimmen. Insofern ist es wichtig, dass in den Worten der Erwachsenen Wahrhaftigkeit lebt, wenn sie mit dem Kind sprechen. Ironisches Sprechen bleibt dem kleinen Kind völlig unverständlich. Erst das älter werdende Kind durchschaut den absichtlichen Bruch zwischen Wort und tatsächlich gemeintem Sinn und kann ihn als Witz verstehen.
 
c)      Sprachliche Anregung durch den Erwachsenen
Reichhaltige sprachliche Zuwendung fördert naturgemäß den Spracherwerb des Kindes, vor allem, wenn klar artikuliert und zusammenhängend gesprochen wird. Jedoch sollten die Erwachsenen wissen, dass darüber hinaus die Körper- und Gebärdensprache vom Kind in feinster Weise wahrgenommen und auf ihre Wahrhaftigkeit geprüft wird. Das fordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Wichtig ist aber auch die Geduld, dem Kind zuzuhören und es ausreden zu lassen, damit es in Ruhe seine Gedanken und Anliegen in Worte fassen kann. Gelegenheiten dazu bieten sich beispielsweise beim Begrüßen, während der Spielzeiten oder bei Tischgesprächen. Das Kind sollte nach Inhalt und Wortgebrauch altersgemäß angesprochen werden, aber nie kindisch oder in Kleinkind-Sprache. Bildhafte, phantasievolle Sprache fördert die Entwicklung besonders gut. Von großer Bedeutung für die Sprachkultur sind deswegen die vielen Reime und Gedichte, Tänze oder Reigen, wie sie bei uns gepflegt werden.
Das tägliche Hören von Geschichten oder Märchen bereichert nicht nur den Wort- und Sprachschatz der Kinder, sondern regt auch ihre Phantasie und Gestaltungskraft an. Wie bei jedem Lernvorgang ist es wichtig, dass über längere Zeit dasselbe erzählt oder im Puppenspiel gezeigt wird, damit sich die Kinder mit dem Inhalt und der Darstellung verbinden können. Sie haben Freude am Wiedererkennen, gewinnen rasch Sicherheit im Umgang mit anspruchsvoller Sprache und integrieren das Gehörte phantasievoll in ihr freies Spiel.
Um Kindern die diesbezüglich mehr Aufmerksamkeit erfordern gerecht zu werden (Kinder mit Sprachauffälligkeiten oder Kinder mit Migrationshintergrund), haben wir das Angebot eines wöchentlichen Sprachpflegekurses eingeführt, welcher von einer eigens dafür ausgebildeten Sprachgestalterin geleitet wird.
 
D)    Rhythmisch- musikalisch- künstlerische Bildung
(BEP: künstlerisch aktive Kinder S. 309ff)
Kinder sind geborene Künstler. Mit ihren schöpferischen Fähigkeiten schreiten sie freudig zur Tat und stehen mit ihrem tätigen Schaffen gewissermaßen mitten in der Welt. Sie tauchen unbewusst ein in das Wesen der Dinge während wir Erwachsene eher als Zuschauer, Betrachter und Kritiker auf Distanz bedacht sind.
 
a)      Pflege von Musik und Rhythmus
Im Familienalltag, in Kindergarten und Schule wird mit Kindern immer weniger gesungen. Diese urmenschliche Tätigkeit bedarf heute besonderer Pflege. Dass es sich dabei nicht nur um eine Angelegenheit für das menschliche Gemüt handelt, hat die neuere Wissenschaft herausgearbeitet: Sie konnte nachweisen, dass Singen gesundend wirkt, den Atem vertieft und nicht zuletzt die Ausreifung der Atem- und Sprachorgane unterstützt. Besondere Bedeutung kommt beim Singen wie bei allen musikalischen Tätigkeiten dem Rhythmus zu. Er übt eine ordnende und stabilisierende Wirkung aus, sowohl auf die leibliche wie auch auf die seelisch-geistige Organisation des Kindes.
Rhythmus verbindet Sprache, Musik und Bewegung. Und dieser Dreiklang sollte als ein Lebenselement die Kinder durchziehen. Der Kindergarten bietet dazu vielerlei Möglichkeiten, indem die Kinder täglich Lieder und Verse singen und nach dem Vorbild des Erwachsenen dazu auch Bewegungen machen, die dem Inhalt entsprechen. Unaufgefordert bemühen sie sich, die adäquaten Gesten und Bewegungen immer exakter auszuführen. So werden z.B. große stampfende Schritte im Wechsel mit kleinen trippelnden geübt, oder man galoppiert als Pferdchen und hat die Aufgabe, wenn der Vers endet, aus dem Hüpfen oder Springen sofort zum Stillstand zu kommen. Hier erwirbt sich das Kind ohne jede Belehrung komplexe sensomotorische Fähigkeiten, die ihm tiefe Befriedigung geben und zugleich in seiner Entwicklung voranbringen.
 
b)      Bildung ethisch- moralischer Werte durch Musik
Musik führt zu seelischer Harmonie und Ausgeglichenheit, fördert die kognitive Entwicklung, Bewegungsfreude und Vitalität, stärkt die Lebenssicherheit und festigt die Persönlichkeit. Musikalisch-rhythmisch-künstlerische Betätigung ist ein ideales Mittel, um die schöpferische Phantasie der Kinder anzuregen und ihr Initiativkraft zu wecken. Musik führt den Menschen aber nicht nur nach innen zu sich selbst, sondern auch nach außen in die Welt: Indem die Qualität von Klängen, Tönen, Melodien und Rhythmen erlebt wird, erfährt das Kind zugleich, wie sich im Ton das Wesen der Dinge ausspricht; es rührt an die Sphäre der Echtheit und Wahrhaftigkeit. Ebenso wird der soziale Zusammenhang gestärkt, denn im Aufeinander-Hören und Sich–Aufeinander-Einstimmen entsteht eine integrierende Gemeinsamkeit, zu der jeder Teilnehmer kraft seiner Individualität einen unverzichtbaren Beitrag leistet. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass gemeinsames Musizieren nicht nur die Musikalität fördert, sondern auch die Sozialfähigkeiten steigert.
 
c)      Künstlerische Tätigkeiten im Kindergarten
Sprachlich- rhythmisch- musikalische Elemente durchziehen den Tagesablauf im Waldorfkindergarten. Es werden Lieder gesungen, einfache Musikinstrumente wie Xylophon, Klang- und Glockenspiele, sowie mit den Vorschulkindern in Kleingruppen die Kinderharfe, kommen zum Einsatz. Verse und Reime werden gesprochen, Fingerspiele und Handgestenspiele kommen dazu und täglich wird eine Geschichte oder ein Märchen erzählt oder vorgelesen.
Einen besonderen Höhepunkt bildet die wöchentliche Eurythmiestunde, die von einem Berufseurythmisten gegeben wird. Eurythmie ist eine Bewegungskunst, in der Sprache und Musik kongruent umgesetzt werden in entsprechende Gebärden und Bewegungsabläufe. Die Bewegungsschulung ist hier untrennbar verbunden mit einer Steigerung der geistigen Präsenz, so dass diese Kunst wie kaum eine andere bildend auf den ganzen Menschen wirkt. Im Kindergarten wird sie noch nicht so systematisch geübt, wie später in der Schule, sondern lebt in einfacher, altersgemäßer Weise ganz aus dem Tun und der Nachahmung.
Eine ähnliche Verdichtung der künstlerischen Tätigkeit geschieht in unserem Reigen, den wir täglich mit den Kindern durchführen. Lieder und Verse, die in einem Zusammenhang mit der Jahreszeit stehen, werden gesungen, gespielt und durch gezielte Gebärden unterstützt. Hören und Sehen, Empfinden und Vorstellen durchdringen einander, Sprache Bewegung und Musik verschmelzen zu einem Ganzen. Zugleich werden soziale Fähigkeiten geübt, indem sich die Kinder in die Formation einordnen, etwas paarweise oder alleine tun zu dürfen, abwarten oder zuschauen. Die Altersmischung der Gruppe unterstützt diese ganzheitliche Bildung, indem die älteren Kinder Vorbildfunktion bekommen, weil sie die Bewegungen und Lieder gut können und auch anspruchsvollere Partien bewältigen. Das stärkt ihr Selbstvertrauen und spornt die Kleinen an, es ihnen nachzutun.
Das darstellende Spiel mit Puppen und Handfiguren ist uns wichtig. Es regt in außerordentlichem Maße die Phantasiekräfte der Kinder an, fördert das ästhetische Empfinden und zugleich die Geschicklichkeit mit den Händen. Konzentration und zielgerichtetes Handeln stellen sich im Miterleben des Geschehens wie von selber ein. Nicht weniger intensiv reagieren Kinder auf das Hören von Märchen: Deren Bildhafte Sprache erregt in ihnen eine farbige Welt innerer Bilder, mit denen sich die Empfindungs-, Gemüts- und Willenskräfte lebhaft verbinden, so dass Märchen wie eine Nahrung für die Seele aufgesogen werden. Im täglichen Abschlusskreis bekommen die Kinder daher ein Puppenspiel gespielt oder eine Geschichte oder ein Märchen erzählt, was über eine Zeit von etwa drei Wochen geschieht und dann wechselt.
Das Hören von Musik oder Gesang auf Kassetten, kann das Vorsingen und Erzählen nicht ersetzen. Die Kinder brauchen die Verbindung mit einer erlebbaren Person, um über das Vorbild zum eigenen Tun zu kommen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Erwachsene über ein herausragendes musikalisches oder rhetorisches Können verfügt. Was für die Kinder zählt, ist das Bemühen des Erwachsenen, selber zu singen und zu erzählen.
Eine weitere künstlerische Tätigkeit ist das Kneten mit Bienenwachs, welchem wir in den kälteren Jahreszeiten uns einmal in der Woche mit den Kindern widmen. Hier erfahren die Kinder die Gestaltungskräfte ihrer Hände, die Wirkungen von Wärmeprozessen, von Druck und Gegendruck, sie erleben Kanten, Flächen, verschiedenartige Formen und deren Verwandlung im Raum.
Auch das Malen mit Wasserfarben, mit der Freude am Verwandeln, Begegnen und Mischen der Farben hat Jahreszeiten bedingt seinen festen Platz im Kindergarten. Beim Malen mit Wachsfarben werden im Kindergartenalter keine Themen gestellt, um dem Kind die Spontaneität nicht zu nehmen, mit der es schaffen will. Alles Korrigieren, Bewerten und Reflektieren schafft Distanz, die den inneren Gestaltungswillen und die Phantasie hemmt. Für das Kind im Kindergarten kommt es auf das Schaffen an, nicht auf das Ergebnis. Das Kind lebt im Jetzt, in der unmittelbaren Tätigkeit, in der Gegenwartserfüllung.
 
E)     Grundlagen mathematisch- naturwissenschaftlicher Bildung
(BEP: fragende und forschende Kinder S. 251ff)
 
a)      Pädagogische Aspekte
Kinder haben großes Interesse an allen Erscheinungen in der Natur. Neugierig forschend, fragend und probierend gehen sie auf die Welt zu, nicht mit wissenschaftlich- kritischer Reflexion, sondern mit spontaner Tätigkeit und Empfindung. Was sie erlebt haben, findet Eingang in ihr Spiel. Das kindliche Spiel aber, erweist sich bei genauerer Betrachtung als eine hervorragende Vorbereitung auf künftige mathematisch- naturwissenschaftliche Bildung, ohne dass es den Kindern bewusst ist: Im Umgang mit naturbelassenem, zweckfreien Material nutzt das Kind die Gelegenheit zum selbständigen Bauen und Konstruieren, zum Sortieren, Ordnen, Vergleichen und Ausprobieren. Es erlebt dabei in sinnlicher Unmittelbarkeit Maße und Gewichte, Qualitäten und Quantitäten. Es erforscht die Welt, lernt mit ihr umzugehen und sie zu gestalten. Lange bevor das Kind mit Zahlen im engeren Sinn rechnet oder physikalische Gesetze bewusst handhabt, erobert es sich, ohne es zu wissen, die Grundlagen mathematisch- physikalischer Fähigkeiten. Alles, was später mit dem Verstand erkannt und gedacht werden kann, ist vorher sinnlich- leiblich erfahren, getan, begriffen worden.
 
b)      Grundlagenbildung
Das kleine Kind lebt jederzeit in der Gegenwart, sein eigenes Erleben steht im Mittelpunkt. Erst nach und nach entwickelt sich aus dem Heute und Jetzt ein Bewusstsein von Gestern und Morgen, ein Leben auch in Vergangenheit und Zukunft und damit die bewusste Erinnerung. Voraussetzung für diesen Schritt ist, dass das Kind in einem durch den Erwachsenen bewusst gestalteten, immer ähnlich wiederkehrenden Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus lebt. Es erfährt die Zeit durch Gliederung, Ordnung und Maß. Das langsame Erwachen des Bewusstseins für die Qualitäten von Raum und Zeit, von Menge, Zahl und geometrisch- mathematischen Gesetzmäßigkeiten ist beim Kind eng mit seiner leiblichen Entwicklung verbunden. Deswegen muss die gesunde Bildung und Ausreifung der Sinnesfunktionen, sowie des Bewegungsorganismus vorrangiges Ziel der Elementarpädagogik sein. Handelnd lernen die Kinder die Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten ihrer Umwelt kennen. Schon das Sich- Aufrichten und Gehen lernen stellt das Kind in die Erfahrung der Schwerkraft und in die Dimensionen des Raumes. Später werden Schwung, Auftrieb, Schwerkraft, Fliehkraft, Reibung usw. leiblich erfahren im Schaukeln, Seilspringen, Karussell fahren, Wippen, Rutschen. Im Spiel finden diese Erfahrungen ihre Anwendung, indem die Kinder z.B. Kastanien auf schiefgelegten Brettern herunterrollen lassen, oder indem Murmelbahnen, Brücken und Türme gebaut werden. Hebelgesetze, Statik, Balance werden dabei erprobt. In der Eurythmie und im Reigen werden geometrische Formen wie Kreis und Mittelpunkt, Oval, Gerade, Spirale, sowie das Innen/ Außen, Oben/ Unten, Rechts/ Links, durch die eigene Bewegung unbewusst erlebt. Die räumliche Vorstellungskraft schult sich daran, und ebenso das Gefühl für Proportionen. Die Zusammenhänge, die das Kind im Spiel, im Experimentieren mit dem Material und durch den Einsatz mit seinem ganzen Körper erlebt, verdichten sich zu einer noch unbewussten körperlichen –kinästhetischen Intelligenz, und diese bildet die Grundlage für das exakte mathematisch- naturwissenschaftliche Denken und Verstehen im späteren Leben. Um die Zeit des beginnenden Zahnwechsels erlangt das Kind die Fähigkeit, mit räumlichen und zeitlichen Vorstellungen, rational umzugehen, und so kann in der Schule als Gesetz erkannt und gedacht werden, was in den ersten sechs Lebensjahren leiblich erfahren und im Spiel ausprobiert wurde.
 
c)      Bildung ethisch- moralischer Werte
Kann das Kind am Erwachsenen dessen Staunen erleben über Erscheinungen der Natur, Freude, Achtung und Ehrfurcht gegenüber allem was lebt, dann wird in ihm ein tiefes Verantwortungsgefühl veranlagt, ein Empfinden für moralisches Handeln. Es erlebt die Welt in ihren Gesetzmäßigkeiten und ihrer Verlässlichkeit und gewinnt dadurch die innere Gewissheit, dass im menschlichen Denken dieselben Kräfte und Zusammenhänge wirksam sind wie in den Vorgängen der Natur. Es gewinnt Vertrauen in das eigene Dasein und betrachtet die Welt als einen Ort, an dem es sich beheimatet fühlt. Diese Erfahrung aber, die Welt als geordnet und gut erleben zu können, ist in den ersten Lebensjahren fundamental wichtig, weil sie dem Kind die Kraft gibt, die es später braucht, um den Gefahren und Problemen des Lebens begegnen zu können.
 
d)      Anregungen im Kindergartenalltag
Für den Umgang mit mathematischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten bietet der Tagesablauf des Kindergartens vielfältige Möglichkeiten, ohne dass sie durch Reflexion ins Bewusstsein gehoben werden. Mengen und Zahlen erfahren die Kinder z. B. Beim Tischdecken, beim Zerteilen eines Apfels, beim Abmessen der Zutaten für das Backen. Tatsachenlogik und das Verständnis für Systematik werden rein aus der Handling heraus gefördert, indem täglich nach dem Freispiel gemeinsam aufgeräumt, die gebrauchten Materialen sortiert und an den für sie bestimmten Platz gebracht werden. Das schafft neben der äußeren auch eine innere Ordnung, fördert den Überblick und Selbstständigkeit. Im Freien erleben Kinder, wie unterschiedlich sich Sand, Lehm, Wasser, Holz, Stein usw. anfühlen. Die Qualitäten von Hart/ Weich, Rau/ Glatt, Warm/ Kalt werden handgreiflich erfahren. Auch beobachten Kinder, wie unterschiedlich sich Sand oder Lehm zu Wasser verhalten, oder dass Blätter und Holz schwimmen, während Steinchen im Wasser untergehen. Die Pflege des Gartens, gibt Gelegenheit, Pflanzen kennen zu lernen und in ihrem Wachsen, blühen und welken zu verfolgen. Tiere werden beobachtet, Regenbogen und Wolken bestaunt, der Jahreslauf mit dem Sonnengang, der wechselnden Helligkeit, Wärme und Kälte wahrgenommen. Für die Veranlagung naturwissenschaftlicher Bildung ist viel gewonnen, wenn die Kinder in diesem Alter statt trockener Abstraktionen eine unmittelbare, seelisch gesättigte Erfahrung bekommen von der unerschöpflichen Fülle der Sinneswelt, eine Erfahrung, die das Staunen und die produktive Neugierde wach hält. In der Schulzeit trifft dann das rationale gedankliche Element auf eine Empfindungsgrundlage, die schon in der Kindheit gelegt wurde und jetzt dafür sorgt, das sich der Mensch nicht nur über seinen Kopf mit der Welt verbindet, sondern als ganzer Mensch mit Kopf, Herz und Hand.
 
F)     Bildung sozialer Fähigkeiten
(BEP: werteorientiert- und verantwortungsvoll handelnde Kinder S. 173ff)
 
a)      Pädagogische Aspekte
Die Bildung sozialer Fähigkeiten hat eine wesentliche Voraussetzung: Um Mitgefühl und Verständnis für andere Menschen zu entwickeln, muss das Kind zunächst sich selbst als eigenständig Individualität erleben und behaupten können, muss sich von den Mitmenschen angenommen und bestätigt fühlen. In dem Maße, in dem es Sicherheit und Geborgenheit in einer verlässlichen menschlichen Bindung erfährt, entwickelt es sein Selbstwertgefühl und Selbständigkeit, und erst auf dieser Grundlage gewinnt es die Freiheit, nicht nur auf sich zu blicken, sondern sich auch mit Interesse und Hilfsbereitschaft anderen Menschen zuzuwenden.
b)      Entwicklungsschritte zur Sozialfähigkeit
Der Säugling kennt zunächst nur seine eigenen Bedürfnisse und erwartet intensive Zuwendung. Nichts Besseres kann ihm geschehen als eine möglichst feste Einbettung in einen schon bestehenden Sozialzusammenhang. Aber auch das Kleinkind ist noch in höchstem Maße beziehungsbedürftig. Ohne verlässige Bezugsperson kann es nicht gedeihen. Es lebt in dem Vertrauen, dass Menschen da sind, die unverbrüchlich zu ihm stehen, die ihm helfen. Dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen, ist die Vorbedingung, um dem Kind den Erwerb sozialer Kompetenzen zu ermöglichen. Erst im Laufe der Jahre wird das Kind selbständig genug, um sich getrennt von seiner Umgebung zu erleben und auch andere Menschen in ihren Bedürfnissen wahrzunehmen. Auf diesem Weg zur Sozialfähigkeit hat das Kind bereits erste Schritte getan, wenn es aus der kleinen Gemeinschaft der Familie in die größere, ihm zunächst fremde Gemeinschaft des Kindergartens kommt. In der altersgemischten Gruppe trifft das Kind sowohl auf jüngere als auch auf ältere Kinder, mit denen es sich arrangieren muss. Hier ergeben sich – vor allem für Einzelkinder – vielfältige soziale Erfahrungen. Andererseits wird dafür gesorgt, dass das Kind auch in dieser neuen, größeren Gemeinschaft Geborgenheit und Sicherheit erleben kann: Das über längere Zeit konstant bleibende Gruppengefüge lässt ihm Raum und Zeit, um in einem vertrauten Menschenkreis und Umfeld seine individuelle Entwicklung zu durchlaufen und tragende Beziehungen zu den anderen Kindern und zum Erzieher aufzubauen. Die rhythmisch wiederkehrenden Tätigkeiten an bestimmten Wochentagen und das regelmäßige Feiern der Jahresfeste sorgen für Überschaubarkeit des zeitlichen Gefüges. Das alles schafft Vertrauen in die Welt und in die Menschen und damit die Basis für das Wachsen der Sozialkompetenz.
Erste Versuche des Kindes, sich von der vertrauten Bezugsperson abzusetzen, zeigen sich in den Trotzphasen. Hier erprobt das Kind seine Selbstständigkeit und wird sich seiner eigenen Willenskräfte bewusst. Gleichzeitig aber kann das Kind im geschützten Rahmen des Kindergartens lernen, Beziehungen zu weiteren Bezugspersonen aufzubauen und das gemeinsame Leben in einer größeren Kindergruppe mit zu gestalten, zu genießen und zu ertragen. Es lernt Rücksicht zu nehmen oder warten zu können, und erlebt, wie ihm geholfen wird von älteren Kindern. Die altersgemischte Gruppe erweist sich als eine natürliche Hilfe auf dem Weg zur Sozialfähigkeit, besonders im letzten Jahr vor der Schule, wo den „Großen“ die Abläufe im Kindergarten schon vertraut sind, so dass sie den kleineren Kindern Vorbild sein können. Sie sind sich ihres Könnens und Wissens bewusst, übernehmen selbständig Aufgaben und leiten die kleineren an. Verantwortungsbewusstsein, Durchhaltekraft und ernste Arbeitshaltung entwickeln sich, verbunden mit Selbstsicherheit und Kraft. Die Kleinen erfahren dadurch den Ansporn, selbst auch einmal so tüchtig werden zu wollen. Für die werdenden Schulkinder gibt es im letzten Kindergartenjahr besondere Aufgaben, die ihnen Gelegenheit geben, Verantwortung zu übernehmen, Geschick und Durchhaltevermögen zu beweisen und gezielt für andere Menschen da zu sein. Besondere Projekte, Ausflüge oder anspruchsvolle Arbeiten sind dafür geeignet, z. B. Arbeiten an der Werkbank, das Weben und eine gezielte Vorschularbeit zum Abschluss. Der Schritt zum Schulkind ist gekennzeichnet durch einen grundlegenden Wandel sowohl des Sozialzusammenhangs wie auch des Lernverhaltens: An die Stelle des implizierten Lernens tritt das explizite Lernen, an die Stelle der altersgemischten Gruppe die Gruppe mit Kindern annähernd gleichen Alters und Entwicklungsstandes. Waren bisher unreflektierte Gewohnheiten haltgebend und grenzgebend, sind es jetzt besprochene und verabredete Regeln. Soziale Fähigkeiten können nun bewusst geübt werden.
 
c)      Bildung ethisch- moralischer Werte
Bindungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Sozialfähigkeit gehören zu den wichtigsten Grundwerten des Menschseins. Wir werden sozialfähig, wenn wir über ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein und Sicherheit verfügen. Weiß sich das Kind in seinem Sein und Können anerkannt, entstehen Schaffenskraft, Mut und Selbstvertrauen, Initiativkraft und Lust, etwas zu wagen; das Kind kann sinnvoll auf Anforderungen reagieren und Schwierigkeiten meistern. Ein solches Kind kann aber in Konfliktsituationen auch nachgeben und anderen verzeihen, es kann warten, bis es an der Reihe ist, kann verzichten, verlieren und verstehen.
 
d)      Anregung der Sozialfähigkeit durch die Erwachsenen
Die Ausbildung der Sozialfähigkeit können wir im Kindergarten unterstützen, indem Phasen des vollen Eintauchens in die Gemeinschaft rhythmisch abwechseln mit Phasen, in denen das Kind ganz bei sich sein darf und seinen eigenen Intentionen nachgehen kann, z. B. im freien Spiel, Phasen des aktiven Sich-Nach-Außen-Wendens und Phasen des ruhigen Lauschens, des konzentrierten Wahrnehmens sollten in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Besonderen Wert für die Ausbildung sozialer Kräfte haben die gemeinsamen Mahlzeiten. Sie geben Gelegenheit für die bewusste Pflege einer Kultur, die über die Einhaltung gewisser Formen und Regeln weit hinausgehen kann. Hier wie auch bei vielem anderen Tätigkeiten geben die Erwachsenen das Vorbild ab für eine nur formelle oder wirklich gefühlte Andacht, für ruhige Umsicht oder nervöse Hektik, für Humor oder Pedanterie, um nur einige Beispiele zu nennen. Unbewusst orientieren sich die Kinder an diesen Vorbildern. Die Art, wie Erwachsene sich gegenseitig behandeln, wie sie mit Gewalt umgehen, welche Konfliktlösungsstrategien sie bevorzugen, wie viel Toleranz sie aufbringen- das alles hat eine starke Wirkung und spiegelt sich im Verhalten der Kinder.
 
G)    Grundlagen für Medienkompetenz im Kindergarten
(BEP: sprach- und medienkompetente Kinder S. 207)
Medienkompetenz wird heute vom erwachsenen Menschen genauso selbstverständlich erwartet wie die Fähigkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein Ziel zu erreichen und sich im Straßenverkehr adäquat zu verhalten. Wie aber gewinnen wir diese Kompetenz? Hinsichtlich des Verkehrs kommt niemand auf die Idee, die Kompetenz schon von kleinen Kindern zu verlangen, weil evident ist, dass sie damit völlig überfordert wären. Bevor sich Kinder selbständig im Straßenverkehr bewegen können, müssen sie zuvor eine Fülle motorischer und sensorischer Fähigkeiten ausgebildet haben, um die erforderlichen Leistungen simultan zu erbringen, nämlich beispielsweise ein Fahrrad sicher zu lenken, in jeder Lage das Gleichgewicht zu halten, die räumliche Orientierung nicht zu verlieren und dazu noch die Verkehrssituation richtig einzuschätzen und angemessen darauf zu reagieren. Die Entwicklungsreife, die hier benötigt wird, bildet sich nicht im Straßenverkehr, sondern durch ganz andere Tätigkeiten in einem geschützten pädagogischen Raum. Nicht umsonst warnt der ADAC davor, Kinder vor dem 10. Lebensjahr allein mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.
 
a)      Medienkompetenz entsteht nicht am Medium
Das gleiche gilt auch für den Umgang mit modernen Medien. Eine wirkliche Medienkompetenz, die diesen Namen verdient, entsteht nicht durch sofortige Mediennutzung in der frühen Kindheit, sondern durch den Erwerb ganz anderer Kompetenzen, die vorausgehen müssen. Die wichtigste und grundlegendste von ihnen ist die Ausbildung der motorischen und sensorischen Fähigkeiten, durch die das Gehirn des Kindes erst seine volle Leistungsfähigkeit erlangt und der Organismus die nötige Stabilität gewinnt, um sich gesund entwickeln zu können. Das Kind ist existenziell darauf angewiesen, seine Sinnesorgane möglichst differenziert entwickeln zu können, indem es die Welt mit ihrer Fülle unterschiedlichster Wahrnehmungsqualitäten immer wieder unmittelbar tätig erlebt. Denn nur so kann es z. B. den Geruch, den Geschmack, das Aussehen und den Klang eines Gegenstands als zusammengehörig erleben, als verschiedene Sinnesmodalitäten, die einem einzigen Gegenstand zuzuordnen sind. Die Fähigkeit, Informationen aus verschiedenen Sinnesbezirken durch die eigene innere Aktivität in einen Zusammenhang zu bringen, muss in einem langen Lernprozess erworben werden. Sie bildet die Grundlage für Denken und Urteilsvermögen, und auf sie gestützt kann man in späteren Jahren aus Daten Wissen, aus Symbolen Bedeutung, aus Texten Sinn schöpfen.
Eben diese Fähigkeit, die in den ersten Kindheitsjahren veranlagt werden muss, lässt sich an den elektronischen Medien prinzipiell nicht ausbilden. Denn Fernsehen und Computer reduzieren die Sinnesfülle auf Auge und Ohr, und hier heben sie auch noch die Kongruenz von Bild- und Tonwahrnehmung auf, indem das, was aus dem Lautsprecher ertönt ( z. B. Musik oder die Sprache eines unsichtbar bleibenden Sprechers), meist aus einem ganz anderen Realitätsbereich stammt als das, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Außerdem werden die Hör- und Seheindrücke von der körperlichen Aktivität des Kindes abgekoppelt, indem seine natürliche Bewegungsaktivität während des Sehens hochgradig zum Stillstand kommt. Wenn Bildung wirklich vom Kind her gedacht werden soll, wie in den aktuellen Bildungsplänen gefordert, dann müssen die Gesetzmäßigkeiten der kindlichen Entwicklung die Beachtung finden, die ihnen gebührt. Solange die Entwicklungsfenster für die Ausreifung der den Sinnesorganen zugedachten Gehirnareale noch offen sind und alle sinnlichen Eindrücke unmittelbar die Vernetzung des Gehirns formen, ist es schon aus physiologischen Gründen nicht zu verantworten, in vorschulischen Einrichtungen Bildschirmmedien einzusetzen. Da zählt auch nicht der Hinweis auf den angeblich wertvollen Inhalt kindgerecht gestalteter Sendungen. Der Hirnforscher Manfred Spitzer bemerkt dazu: „ Ein Fernseh- oder Video- oder Computerbildschirm ist auch dann für Kinder schädlich, wenn die tollste Kindersendung gerade läuft, der schönste Tierfilm oder das intelligenteste Lernprogramm“. So sehr Waldorfpädagogik Wert darauf legt, in den höheren Klassen der Schule Medienkunde und Computerunterricht stattfinden zu lassen, so entschieden lehnen wir es ab, elektronische Medien im Kindergarten und im Grundschulbereich als pädagogische Mittel einzusetzen – nicht aus Medienfeindlichkeit, sondern im Gegenteil um die spätere Medienkompetenz in bestmöglicher Weise Wirklichkeit werden zu lassen.
 
b)      Entwicklungspsychologische Aspekte
Auch dann, wenn man die physiologischen Wirkungen der Medien ignoriert- wie meistens üblich- und nur auf die inhaltliche Seite blickt, sieht Waldorfpädagogik keine überzeugende Begründung, Medien im Kindergarten als pädagogische Mittel einzusetzen. Denn es gibt genügend Untersuchungsergebnisse, die zeigen, dass Kinder auch in inhaltlicher Hinsicht den meisten Filmproduktionen nicht gewachsen sind: Sie verstehen noch kaum den Plot und den Zusammenhang eines Filmes und können vor allem nicht wahrnehmen, dass das Geschehen Fiktion ist. Sie halten das Filmgeschehen wie die übrige Umwelt für Realität. Erst im Grundschulalter stellt sich allmählich das Unterscheidungsvermögen zwischen medialer Fiktion und Wirklichkeit ein, und gleichwohl sind die Kinder auch dann noch wenig in der Lage, nebeneinander laufende Handlungsstränge und die entsprechenden Filmschnitte gedanklich einzuordnen. Die Werbung nutzt diese Entwicklungstatsachen, um gerade Kinder und Jugendliche massiv zu beeinflussen. Sie weiß, dass Kindergartenkinder überhaupt noch nicht in der Lage sind, die Verkaufsabsichten einer Werbung zu erfassen, sondern die Aussagen eines Werbespots als Wahrheit hinnehmen. Erst im Schulalter beginnen Kinder zu verstehen, dass durch Werbespots etwas verkauft werden soll. Frühestens im Alter von 12 Jahren sind sie in der Lage, die Werbeabsichten auf sich selbst zu beziehen, und auch dann fehlt ihnen noch die kritische Distanz. Werden die Heranwachsenden noch vor der Ausreifung der organischen Prozesse und des Frontalhirns dazu veranlasst, trifft die Forderung nicht auf die notwendigen Voraussetzungen, ja sie verhindert bei allzu frühem Einsatz sogar in hohem Maße den Erwerb dieser Voraussetzungen. Medienpädagogischer Unterricht sollte deshalb aus Sicht der Waldorfpädagogik nicht vor dem Erreichen der Pubertät beginnen.
 
3.      Bildungsbedingungen
Die im Teil 2 vorgestellten Bildungsbereiche der Waldorfpädagogik können von den Pädagogen nur dann verwirklicht werden, wenn auch im sozialen und organisatorischen Bereich bestimmte Bedingungen gegeben sind, durch die die Qualität der pädagogischen Arbeit nach innen und nach außen gesichert wird. Diese Bedingungen sollen im Folgenden skizziert werden.
 
A)    Selbsterziehung
 
a)      Selbsterziehung als Grundlage pädagogischen Handelns
Den Kern jeder Erziehung bildet die Begegnung zwischen Kind und Erwachsenem. Diese Begegnung zu gestalten und fruchtbar zu machen, ist die Aufgabe des Erwachsenen, die er in dem Maße meistern kann, in dem er seine eigene Persönlichkeitsentwicklung vorantreibt. Selbsterziehung des Erwachsenen im Sinne der pädagogischen Vorbildfunktion gehört zu den entscheidenden Grundlagen des Bildungs- und Erziehungsgeschehens. Eine zentrale Aufgabe der Selbsterziehung besteht darin, aus freiem Entschluss eigene Gewohnheiten umzugestalten. Eine wesentliche Hilfe, um mit den Kindern in eine tragende innere Verbindung zu kommen, ist auch die tägliche Pflege der Rückschau, nicht im Sinne einer Selbstbespiegelung, sondern einer intensiven Wahrnehmung dessen, was an den Kindern und dem eigenen Verhalten an dem betreffenden Tag zu erleben war. Bedingung und gleichermaßen Zielsetzung der Waldorfpädagogik ist es, das Erziehungs- und Bildungsgeschehen als systemische Aufgabe zu verstehen. Das bedeutet: Alle Fragen, die mit den Kindern und ihrer Entwicklung zusammenhängen, sind immer zugleich Fragen an den Pädagogen selbst, in welcher Weise er sich verändern kann, um dem Kind einen entsprechenden Entwicklungsraum zu geben.
 
b)      Freude bei der Arbeit und Kompetenz in den Arbeitsschritten
Den Erwachsenen im Kindergarten fällt die Aufgabe zu, vor den Augen der Kinder vielfältigste Arbeiten hauswirtschaftlicher und handwerklicher Art zu verrichten, nicht im Sinne einer Lehrveranstaltung, um die Kinder zu speziellen Handfertigkeiten oder kognitiven Prozessen anzuleiten, sondern so, dass die Arbeiten sich ganz selbstverständlich und tatsachenlogisch aus den Notwendigkeiten des Alltags im Kindergarten ergeben. Ihr bildender Wert liegt darin, dass sie von den Kindern als Lebenstatsache vorgefunden und nachgeahmt werden können. Zu diesem Zweck benötigen die Erzieher praktische Fähigkeiten in den anstehenden Aufgabenfeldern der Hauswirtschaft, in gewissen Handarbeiten und in einigen handwerklichen Bereichen. Auch die Gartenarbeit gehört dazu. Wenn die pädagogisch Tätigen sich freudig darum bemühen, die nötigen sachlichen Kompetenzen für die anstehenden Aufgaben zu erwerben, werden die ihrerseits zu schöpferischen Handlungsprozessen angeregt, die sie altersentsprechend in der Welt des Spiels entwickeln. Das oben als Bildungsziel genannte Kohärenzgefühl kann auf diesem Wege als nachhaltige Persönlichkeitsqualität aufgebaut werden.
 
c)      Künstlerische Fähigkeiten der Pädagogen
Zum Leben im Waldorfkindergarten gehören künstlerische Aktivitäten der Kinder. Zu nennen sind hier das Aquarellieren, das Malen mit farbigen Wachsblöcken, das Kneten und Plastizieren mit Bienenwachs, das Singen, das Musizieren mit Instrumenten, das rhythmische Sprechen, Finger- und Handgestenspiele, Bewegungsspiele, und nicht zuletzt die besondere Bewegungsaktivität in der Eurythmie. Im Kindergarten sind alle diese Aktivitäten so in den Tages- und Wochenlauf integriert, dass sie diesen zu einem rhythmischen Ganzen machen, ohne dass vordergründige Lernziele verfolgt werden oder gar eine Reflexion des Geschehens mit den Kindern angestrebt ist. Stets ist der Erzieher als Vorbild gefragt. Von seinem ernsthaften Bemühen um entsprechende Fertigkeiten und von seinem kreativen Gestaltungswillen hängt es ab, ob das künstlerische Element im Lebensalltag der Kinder zu einer pädagogisch wirksamen Kraft wird oder nicht.
 
d)      Aus- und Fortbildung
Die skizzierten Fähigkeiten der Pädagogen erfordern entsprechende Aus- und Fortbildung. Unsere Mitarbeiter haben entweder eine entsprechend ausgerichtete grundständige Ausbildung genossen, oder eine qualifizierende Fortbildung. Wir nehmen teil an den regelmäßig stattfindenden Treffen der Regional- und Bezirksgruppen der Bayerischen Waldorfkindergärten. Dazu kommen Fragen und Aufgabenstellungen, die im täglichen Zusammenleben mit den Kindern eine Rolle spielen, z.B. Entwicklungsschwierigkeiten, ADS, Ängste, Aggressionen oder Gewalt. Regelmäßig Fortbildungen zu aktuellen Fragen der Kindheit oder zu methodisch- didaktischen Fragen zu besuchen, gehört ebenso unabdingbar zur waldorfpädagogischen Arbeit wie die regelmäßige Konferenzarbeit aller pädagogisch Tätigen, über die im nächsten Kapitel zu sprechen ist.
 
B)    Zusammenarbeit im Kollegium und mit den Eltern
Am Erziehungs- und Bildungsprozess der Kinder sind immer mehrere Erwachsene beteiligt. Dass zwischen ihnen eine fruchtbare Zusammenarbeit stattfindet, ist eine wesentliche Bedingung des Gelingens der Erziehungs- und Bildungsarbeit. Die Pflege der Zusammenarbeit ist insofern fester Bestandteil der im Sinne der Waldorfpädagogik arbeitenden Menschen und Einrichtungen. Bestimmte Organisationsformen haben sich herausgebildet, die hier angedeutet werden sollen.
 
 
a)      Wöchentliche Konferenzarbeit im Kollegium
Einmal in der Woche findet bei uns die Konferenzarbeit aller pädagogischen Mitarbeiter statt. Hier geht es um Fragen der Führungsgestaltung und Selbstverwaltung der Einrichtung, sowie um anstehende organisatorische Aufgaben; vor allem aber widmet sich die Konferenz der Arbeit an pädagogischen Fragen:
Zum einen findet eine kontinuierliche Fortbildung statt durch die Beschäftigung mit entwicklungspsychologischen und anthropologischen Themen. Zum anderen werden so genannte Kinderbesprechungen abgehalten, in denen methodisch geführt die aktuellen Wahrnehmungen an einzelnen Kindern, Kindergruppen zusammengetragen werden. Ziel ist niemals die Be- oder gar die Verurteilung eines Kindes oder das schnelle Finden von pädagogischen Maßnahmen, sondern der stete Versuch, sich durch eine gemeinsame, vorurteilsfreie Betrachtung dem individuellen Wesen des Kindes zu nähern und seine Entwicklungssituation möglichst in allen anthropologischen, medizinischen und sozialen Bedingungen detailliert zu erfassen, um in der richtigen Weise helfen zu können.
 
b)      Zusammenarbeit mit den Eltern
Dem Kind in seiner Einmaligkeit gerecht zu werden bedeutet selbstverständlich, auch mit denen zusammenzuarbeiten, die sonst noch Partner des Kindes sind, vor allem mit den Eltern. Jedoch wird die Zusammenarbeit für das Kind nur dann förderlich sein, wenn gewisse Grundsätze gelten: Jeder, der pädagogisch handelt, beansprucht für sich das Recht, in voller Freiheit seine eigene, unverwechselbare Beziehung zu dem Kind aufzubauen zu dürfen. Daher ist es notwendig, dass Eltern und Pädagogen weder offen noch verdeckt sich gegenseitig Weisungen erteilen oder bevormunden wollen.
Ferner ist es wichtig, sich gegenseitig die Erfahrungen mitzuteilen, die mit dem Kind gemacht wurden und in einen Austausch über den pädagogischen Ansatz der eigenen Arbeit zu kommen. Solche Gespräche führen die Erzieher regelmäßig sowohl mit einzelnen Eltern (Elterngespräche), wie auch mit der ganzen Elternschaft (Elternabende) einer Gruppe durch, teils in den Räumen des Kindergartens, teils aber auch innerhalb des häuslichen Rahmens (Hausbesuche). Dadurch ist weitgehend gewährleistet, dass Eltern und Pädagogen immer aktuell über die Situation des einzelnen Kindes im Gespräch und im Bilde sind und größtmögliche Transparenz besteht. Der Distanz schaffende Charakter in Institution wird überwunden, und unterschiedliche Auffassungen in Erziehungsfragen können nebeneinander bestehen, ohne dass sie für das Kind zur Verunsicherung oder gar zu einer Zerreißprobe führen. Im Gegenteil: Das Kind erlebt vorbildhaft, dass im Sozialen durchaus unterschiedliche Auffassungen sich harmonisch ergänzen und sich gegenseitig tragen können. Außerdem ist dadurch eine Basis geschaffen, sich ungeschminkt über die wirklichen Erfahrungen auszutauschen und so die Qualität der Wahrhaftigkeit zu pflegen. Eine jährlich durchgeführte, anonyme Elternbefragung soll dies ermöglichen.
Weitere Möglichkeiten einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit ergeben sich durch die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung von Kindergartenfesten, durch Initiativen in den verschiedenen Gremien des Kindergartens.
 
 
C)     Beschwerdemanagement
 
Jeder im Kindergartenalltag Beteiligte hat die Möglichkeit Wünsche, Anregungen und Kritik zu äußern, indem er sich an die Erzieherinnen, die Kindergartenleitung, den Elternbeirat oder den Vorstand wendet. Gelingt es nicht, Beschwerden oder Konflikte intern zu bearbeiten und eine Lösung zu finden, kann man sich an die zuständige Fachberaterin. Zeigt sich ein Konfliktpartner mit diesem Weg nicht einverstanden wendet man sich direkt an das Regionalbüro.
 
 
                                                                                                                                      
D)    Kooperation zwischen Kindergarten und Schule
Menschliche Entwicklung ist ein Kontinuum; sie kennt keine Grenzen zwischen Elementar- und Primarstufe, zwischen Vorschulzeit, Schulzeit und Jugend. Je ganzheitlicher die Entwicklungsjahre in den Blick genommen werden, desto mehr entspricht dies dem heranreifenden Menschen. Deshalb gehört es zum Konzept der Waldorfpädagogik, dass Waldorfkindergarten und Waldorfschule sich als Einheit verstehen und in der bestmöglichen Weise zusammenarbeiten.
 
Da an unseren Kindergarten keine Schule unmittelbar angeschlossen ist, arbeiten wir mit den Freien Waldorfschulen in Erlangen und Wendelstein, sowie mit der Rudolf-Steiner-Schule in Nürnberg zusammen. Weiterhin stehen wir im Kontakt mit den Grundschulen der Stadt Fürth.
 
 
E)     Zusammenarbeit mit Therapeuten, Ärzten, Fachberatern
Kindliche Entwicklung vollzieht sich heute wesentlich individueller als in früheren Jahren. Allgemeingültige Entwicklungsschritte können oft nicht mehr in der Deutlichkeit wahrgenommen werden, wie sie aus den alten Entwicklungspsychologien bekannt sind. Die Grenze zwischen der individuellen Signatur einerseits und Verhaltensauffälligkeiten andererseits, die besonderer Beachtung und Begleitung bedürfen, ist fließend. Daher bemühen wir uns um eine Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten der Frühförderung und anderen Waldorf Kindergärten.
Sollte das Kindeswohl gefährdet sein, wenden wir uns an die Insoweit- erfahrene- Fachkraft des zuständigen Jugendamtes, oder an die Erziehungsberatungsstelle.
Weiterhin gibt es regional organisiert die Möglichkeit, kompetente Fachberatung in Anspruch zu nehmen. Diese bezieht sich auf unmittelbar pädagogisch-didaktische Fragen, aber auch auf konzeptionelle und organisatorische Fragen.
 
F)     Qualitätsentwicklung
 
a)      Dokumentation der Entwicklung der Kinder
Die Erfahrungen mit den betreuten Kindern werden im Waldorfkindergarten schriftlich dokumentiert, als Stütze insbesondere für die eigene Bewusstseinsbildung der Erzieher, aber auch als Grundlage für Gespräche mit den Eltern, mit Kollegen oder mit den Lehrern der Schulen, welche die Kinder später aufnehmen. Die Dokumentation erfolgt durch unseren eigenen Beobachtungsbogen und die vorgeschriebenen Bögen Perik, Seldak und Sismik. Hinzu kommt die Sammlung der vielen Zeichnungen und Aquarellbilder, die die Kinder angefertigt haben.
 
b)      Leitbildarbeit, Konzeptgestaltung, Qualitätsentwicklung
So selbstverständlich das anthroposophische Menschen- und Sozialbild für uns und alle Waldorfeinrichtungen die gemeinsame Grundlage bildet, so unterschiedlich sind doch die konkreten Arbeitsformen des einzelnen Kindergartens. Daher gehört es im Rahmen der Qualitätsentwicklung zum Standard waldorfpädagogisch arbeitender Einrichtungen, ihr jeweiliges pädagogisches Konzept und die daraus resultierende Organisationsform zu beschreiben und sie regelmäßig mit der gelebten Wirklichkeit zu vergleichen. An der Leitbildarbeit und Konzeptgestaltung sind alle betroffenen Gruppen, also Pädagogen, Eltern und der Träger, beteiligt, so dass eine gewisse Sicherheit besteht, dass die jeweils aktuellen Bedürfnisse und Fragen Eingang finden können in den Gestaltungsprozess.
Rudolf Steiner hat in seinem „soziologischen Grundgesetz“ nachdrücklich formuliert, dass in der heutigen Zeit Gemeinschaften und Einrichtungen nicht mehr, wie in früheren Zeiten, die Aufgabe haben, dem einzelnen Menschen Orientierung zu geben, sondern gerade umgekehrt dem individuellen Entwicklungsbedürfnissen des einzelnen Menschen zu dienen haben.
 
G)    Kollegiale Selbstverwaltung und Führung der Einrichtung
Seit der Begründung der Waldorfpädagogik (1919) gehört die kollegiale Selbstverwaltung zu den besonderen Merkmalen waldorfpädagogischer Institutionen. Das bedeutet, dass wir als Kollegium, zusammen mit dem rechtlichen und wirtschaftlichen Träger der Einrichtung, an der Planung und Ausführung der anstehenden Aufgaben arbeiten und weitestgehend auf eine weisungsgebende Hierarchie innerhalb der Mitarbeiterschaft verzichtet wird. Dennoch ist eine Kindergartenleitung benannt, die bestimmte Aufgaben und Bereiche übernimmt.
Das Prinzip der kollegialen Selbstverwaltung ist in der Praxis dennoch wirksam. Denn alle Beteiligten bemühen sich, durch eine entsprechende Konferenzarbeit (s. o.) immer wieder ein Gesamtbewusstsein von den anstehenden Aufgaben zu bilden und aus diesem Bewusstsein heraus die Leitlinien ihres Handelns zu entwickeln.
Von Mitarbeitern in waldorfpädagogischen Einrichtungen wird erwartet, dass sie sich auf die kollegiale Selbstverwaltung einlassen.
Die Formen der Zusammenarbeit der Gremien des Kindergartens sind in der Satzung des Trägervereins geregelt, die demokratisch von allen Vereinsmitgliedern, d. h. in der Regel und zur Hauptsache von den Eltern, beraten und verabschiedet wurde. Ziel der entsprechenden Satzungspassagen ist es, denjenigen, die handeln, den angemessenen Entscheidungs-, aber auch Verantwortungsraum zuzusprechen.
 
H)    Zusammenarbeit der Waldorfeinrichtungen
Trotz aller Eigenständigkeit arbeiten wir als Waldorfeinrichtung nicht isoliert, sondern stets im Verbund mit anderen Einrichtungen. Es gibt regionale, überregionale und internationale Zusammenschlüsse (Vereinigung der Waldorfkindergärten). Der Name „Waldorf“ ist rechtlich geschützt und wird nur an Einrichtungen vergeben, die einen längeren Prüfungsprozess durchlaufen haben und ein überzeugendes Konzept vorweisen können, das durch entsprechend qualifizierte Pädagogen gedeckt ist.
 
I)       Integration in das soziale Umfeld
Waldorfeinrichtungen sind in das Umfeld interessierter Eltern und Bürger gestellt und nehmen hier ihre Verantwortung wahr, Teil einer lebendigen und sich stets entwickelnden Gemeinschaft zu sein. So gehört es zu unserem Bild, sich für die Menschen der Umgebung zu öffnen und intensive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Vortragsveranstaltungen, Tage der offenen Tür und Basare (wie unser Stand auf der alljährlichen Fürther Altstadtweihnacht), bilden das Angebot, das für interessierte Menschen im Umkreis der Einrichtungen offen steht, und gerne wahrgenommen wird.
 
 
J)      Architektur und Raumgestaltung
Räume und Häuser sind wie eine erweiterte Haut. In ihr findet das Leben statt, und ihre Beschaffenheit hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss sowohl auf die sozialen Prozesse als auch auf das Erleben und die Gesundheit der Kinder. Es ist deshalb den verantwortlichen Erwachsenen im Sinne der Waldorfpädagogik ein Anliegen, sich bei der Gestaltung eines Kindergartens nicht auf rein funktionale Gesichtspunkte zu beschränken, sondern für das Kind mit seiner enormen Sensibilität eine Umgebung zu schaffen, die seinen Sinnen sowohl Anregung wie auch Beruhigung, Geborgenheit wie auch Offenheit bietet. Dem zugrunde liegt das Wissen, dass alle Einzelheiten der farblichen Gestaltung, der Form- und Materialbeschaffenheit der Möbel und Accessoires, der Auswahl der Bilder, der Beleuchtung usw. bis in die physiologischen Prozesse hinein eine Wirkung ausüben. Das Kind soll einen durchgestalteten Lebensraum vorfinden, der fernab von Belehrungsabsichten oder pragmatischen Zwecken unmittelbar das Lebensgefühl des Kindes anspricht und durch sich selbst eine bildende Kraft besitzt.
Unser Kindergarten wurde im September 1972 gegründet und fand Aufnahme in einem - durch Schenkung an die Anthroposophische Gesellschaft – älteren Haus, welches im Jahr 2000 den Bedürfnissen eines zweigruppigen Kindergartens entsprechend umgebaut wurde.