Waldorf Kindergarten Fürth


Konzeption  

 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

 

Inhalt

1.      Bildungs- und Erziehungsziele. 6

1.1.          Allgemeine Ziele. 6

1.1.1.            Achtung vor der Individualität des Kindes. 6

1.1.2.            Begleitung in die Freiheit und Verantwortungsfähigkeit 6

1.1.3.            Ausbildung und Sozialfähigkeit 6

1.1.4.            Veranlagung einer umfassenden Gesundheit 6

1.1.5.            Gesamtbildungsgang von 0 bis 18 Jahren. 7

1.1.6.            Kinderrechte. 7

1.2.          Ziele für die Elementarstufe. 7

1.2.1.            Eigener Bildungsauftrag für die Elementarstufe. 7

1.2.2.            Pädagogische Gestaltung des Lebensumfeldes. 7

1.2.3.            Positive Lernatmosphäre und verlässliche Beziehungen. 7

1.2.4.            Vorbildfunktion der Erwachsenen. 7

1.2.5.            Gesundheitsförderung durch Pädagogik. 8

1.2.6.            Salutogenese. 8

1.2.7.            Fundamente für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit 8

1.2.8.            Vom Lernen mit der Hand zum Lernen mit dem Kopf 8

1.2.9.            Vermittlung ethischer und sozialer Werte durch das tätige Vorbild. 9

1.2.10.          Resilienz. 9

1.2.11.          Eintritt in die Kindertageseinrichtung. 10

1.2.12.          Vorbereitung auf die Schule. 10

2.      Bildungsbereiche. 11

2.1.          Das freie Spiel als entwicklungsfördernde Aktivität 11

2.1.1.            Pädagogische Aspekte. 11

2.1.2.            Formen des Spiels im Entwicklungsgang des Kindes. 12

2.1.3.            Bildung ethisch – moralischer Werte durch das freie Spiel 13

2.1.4.            Spielanregung durch den Erwachsenen. 13

2.2.          Bewegung, Leibesentwicklung und Gesundheit 13

2.2.1.            Pädagogische Aspekte. 13

2.2.2.            Bewegungs- und Leibesentwicklung des Kindes. 13

2.2.3.            Bildung ethisch – moralischer Werte durch Bewegungskultur. 14

2.2.4.            Unterstützung der Bewegungsentwicklung durch den Erwachsenen. 14

2.3.          Sprachentwicklung. 15

2.3.1.            Pädagogische Aspekte. 15

2.3.2.            Förderung ethisch – moralischer Werte durch Sprache. 15

2.3.3.            Sprachliche Anregung durch den Erwachsenen. 15

2.4.          Rhythmisch- musikalisch- künstlerische Bildung. 16

2.4.1.            Pflege von Musik und Rhythmus. 16

2.4.2.            Bildung ethisch- moralischer Werte durch Musik. 16

2.4.3.            Künstlerische Tätigkeiten im Kindergarten. 17

2.5.          Grundlagen mathematisch - naturwissenschaftlicher Bildung. 18

2.5.1.            Pädagogische Aspekte. 18

2.5.2.            Grundlagenbildung. 18

2.5.3.            Bildung ethisch - moralischer Werte. 18

2.5.4.            Anregungen im Kindergartenalltag. 19

2.6.          Bildung sozialer Fähigkeiten. 19

2.6.1.            Pädagogische Aspekte. 19

2.6.2.            Entwicklungsschritte zur Sozialfähigkeit 19

2.6.3.            Bildung ethisch - moralischer Werte. 20

2.6.4.            Anregung der Sozialfähigkeit durch den Erwachsenen. 20

2.7.          Grundlagen für Medienkompetenz im Kindergarten. 21

2.7.1.            Medienkompetenz entsteht nicht am Medium.. 21

2.7.2.            Entwicklungspsychologische Aspekte. 22

3.      Bildungsbedingungen. 23

3.1.          Selbsterziehung. 23

3.1.1.            Selbsterziehung als Grundlage pädagogischen Handelns. 23

3.1.2.            Freude bei der Arbeit und Kompetenz in den Arbeitsschritten. 23

3.1.3.            Künstlerische Fähigkeiten der Pädagogen. 23

3.1.4.            Aus- und Fortbildung. 24

3.2.          Zusammenarbeit im Kollegium und mit den Eltern. 24

3.2.1.            Konferenzarbeit im Kollegium.. 24

3.2.2.            Zusammenarbeit mit den Eltern. 24

3.3.          Beschwerdemanagement 25

3.4.          Kooperation zwischen Kindergarten und Schule. 25

3.5.          Zusammenarbeit mit Therapeuten, Ärzten, Fachberatern. 25

3.6.          Qualitätsentwicklung. 25

3.6.1.            Dokumentation der Entwicklung der Kinder. 25

3.6.2.            Leitbildarbeit, Konzeptgestaltung. 26

3.7.          Kollegiale Selbstverwaltung und Führung der Einrichtung. 26

3.8.          Zusammenarbeit der Waldorfeinrichtungen. 26

3.9.          Integration in das soziale Umfeld. 26

3.10.       Architektur und Raumgestaltung. 27

 

 

 

1.    Bildungs- und Erziehungsziele

 

1.1.  Allgemeine Ziele

1.1.1.     Achtung vor der Individualität des Kindes

Waldorfpädagogik sieht in jedem Kind – ungeachtet seiner sozialen, ethnischen und religiösen Herkunft – eine einmalige, unantastbare Individualität, die schon vor der Geburt und Konzeption existiert hat. Es bringt aus seiner Vergangenheit ein ganz persönliches Schicksal in das jetzige Erdenleben mit, verbunden mit zunächst noch verborgenen und dem Kind selbst nicht bewussten Begabungen für die Zukunft, die erst im späteren Leben nach und nach hervortreten. Mit Blick auf das individuelle Wohlbefinden des Kindes behalten wir es uns vor eine Einzelintegration zu ermöglichen, sofern es die pädagogische und personelle Situation erlaubt.

1.1.2.     Begleitung in die Freiheit und Verantwortungsfähigkeit

Erziehung und Bildung haben die Aufgabe den jungen Menschen auf seinem Wege der Selbstfindung zu unterstützen, damit er die in ihm liegenden Fähigkeiten und Intentionen entdecken und entfalten kann. In dem Maße, wie er fähig wird, immer mehr in Übereinstimmung mit sich selbst und den eigenen Zielen zu leben, ist er frei. Das versetzt ihn in die Lage, Verantwortung übernehmen zu können, nicht nur für die eigene Entwicklung, sondern auch für die Entwicklung anderer Menschen, für die Erde als Lebensorganismus, für die kulturelle und wirtschaftliche Zukunft der Menschheit. Erziehung und Bildung sollen diesen Weg zur Freiheit und Verantwortungsfähigkeit des Menschen unterstützen.

1.1.3.     Ausbildung und Sozialfähigkeit

Waldorfpädagogik möchte Kinder und Jugendliche mit den Fähigkeiten ausstatten, die notwendig sind, um in der sozialen Gemeinschaft fruchtbar wirken zu können. Respekt für den anderen Menschen, Empathiefähigkeit und demokratisches Bewusstsein gehören ebenso dazu wie moralische Urteilsfähigkeit, Initiativfreudigkeit und die Bereitschaft zur Übernahme von Pflichten. Im Blick auf die multikulturell sich entwickelnde Gesellschaft unserer Zeit liegt eine wichtige Aufgabe in der Pflege des vorurteilsfreien Interesses für Menschen mit einem anderen Kulturhintergrund, so dass Offenheit und Verständnis entstehen können. Kinder unterschiedlichster Herkunft und Begabung und beiderlei Geschlechts sollen miteinander leben und lernen in einem Klima gegenseitiger Achtung und Wertschätzung.

1.1.4.     Veranlagung einer umfassenden Gesundheit

Waldorfpädagogik sieht ein vorrangiges Ziel ihrer Bemühungen in der Förderung und Sicherung einer tragfähigen Gesundheitsbasis, wobei es nicht allein um die Pflege der leiblichen Grundlagen (z.B. gesunde Ernährung und genügend Bewegung) geht, sondern auch um die umfassende Harmonisierung der seelisch-geistigen Organisation durch das Individuum. Gesundheitsförderung wird aber auch im medizinischen und therapeutischen Sinne betrieben. Die Sprachgestaltung hat in der Einrichtung ihren festen Platz. Waldorfpädagogik bemüht sich alle Kräfte und Fähigkeiten des jungen Menschen- von der leiblichen bis hin zu den intellektuellen Fähigkeiten des jungen Menschen- in voller Breite mit genügend Zeit reifen zu lassen, um so das Fundament für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit zu legen. Dabei ist es uns besonders wichtig, das Kind vor jeglicher Gewalteinwirkung(körperlich/verbal), Missbrauch, Misshandlung zu schützen ( Schutzkonzept). Der Waldorfpädagogik ist Nachhaltigkeit ein Anliegen, nicht Schnelligkeit. Jedem Kind muss die Zeit eingeräumt werden, die es für seine individuelle Entwicklung braucht. Sie setzt auf eine ganzheitliche, möglichst umfassende Bildung und Erziehung, die jedem Kind – gleichgültig ob Junge oder Mädchen – die Möglichkeit gibt sich gemäß seinen Anlagen zu entwickeln. Enge Zusammenarbeit mit den Eltern oder Erziehungsberechtigten ist dabei selbstverständlich.

1.1.5.     Gesamtbildungsgang von 0 bis 18 Jahren

Waldorfpädagogik sieht die Notwendigkeit Bildung und Erziehung als einen durchgehenden Prozess zu verstehen, der bereits mit der Geburt beginnt und erst mit dem Erreichen der Mündigkeit sein Ende findet. Frühe Kindheit, Kindergartenzeit und Schulzeit werden als Stationen eines durchgehenden Bildungsprozesses gesehen.

1.1.6.     Kinderrechte

Die Würde des Kindes ist unantastbar. Kinderrechte sind Menschenreche. Die Rechte der Kinder lassen sich in drei Kategorien (Die drei P´s) unterteilen: Schutzrechte, Versorgungs- und Förderungsrechte und Partizipation.

1.2.  Ziele für die Elementarstufe

1.2.1.     Eigener Bildungsauftrag für die Elementarstufe

Auf Grund ihres Verständnisses entwicklungsphysiologischer und entwicklungspsychologischer Gesetzmäßigkeiten sieht Waldorfpädagogik für die frühkindliche Erziehung wie auch für den Bildungsauftrag des Kindergartens ganz anders geartete Aufgaben als für die darauffolgende Schulzeit. Nicht das Herausfordern intellektueller und reflektorischer Möglichkeiten steht im Vordergrund, sondern das Eintauchen in vielfältig differenzierte Tätigkeiten und sinnlich-konkrete Wahrnehmungen, durch die das Kind seine Erfahrungswelt in unmittelbarer, aktiver Teilnahme erweitert und vertieft. In diesem Zusammenhang kommt dem freien kindlichen Spiel große Bedeutung zu. Ferner gilt es die Nachahmungsfähigkeit des Kindes durch die Tätigkeit der Erwachsenen und Ihr Verhalten bewusst anzuregen und zu pflegen. Denn Nachahmung ist für das Lernen in diesem Alter fundamental.

1.2.2.     Pädagogische Gestaltung des Lebensumfeldes

Das Kind trägt in sich einen Quell unerschöpflicher Aktivität. Es ist ein Wesen, das sich aus eigenem Antrieb entwickelt und bildet. Das schrittweise Ausbilden seiner sensorischen und motorischen Fähigkeiten, mit denen es sich in der Welt bewegen und die Welt erkunden kann, ist dem Kind selbst ein Bedürfnis, dem es mit größter Intensität nachkommt. Es arbeitet sich gewissermaßen von selbst in die Welt hinein und entwickelt dadurch seine Fähigkeiten. Da aber die Umgebung heute vielfach nicht mehr das nötige Maß an Anregungen und Betätigungsmöglichkeiten bietet, die das Kind vorfinden müsste, um sich selbst bilden zu können, gewinnt die pädagogische Gestaltung des Lebensumfeldes des Kindes zunehmend an Bedeutung. Elternhaus u. Kindergarten (wie später auch die Schule) haben die Aufgabe die äußeren und inneren Bedingungen zu schaffen, die es dem Kind von Geburt an ermöglichen sich gemäß seinen individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu entwickeln. Dazu gehört der Schutz vor Übergriffen jeglicher Art.

1.2.3.     Positive Lernatmosphäre und verlässliche Beziehungen

Eines der Hauptbedürfnisse des Kindes, damit es körperlich wie auch seelisch und geistig gedeihen kann, ist die liebevolle Zuwendung des Erwachsenen, verbunden mit der Bereitschaft als Bezugsperson, eine vertrauenswürdige und verlässliche Bindung zu dem Kind aufzubauen. Die positive emotionale Umgebung bildet den entscheidenden Nährboden für gesunde Entwicklung, Lerneifer und Weltinteresse und gehört somit zu den Gestaltungsaufgaben aller am Erziehungsprozess Beteiligten.

1.2.4.     Vorbildfunktion der Erwachsenen

Ungeachtet der Fähigkeit zur Selbstbildung benötigt das Kind auf allen Gebieten Vorbilder, an denen es sich orientieren und die es nachmachen kann. Die innere Haltung und das äußere Verhalten der Erwachsenen bilden die erste und elementarste Lernumgebung des kleinen Kindes, die in seiner Biografie wesentliche Spuren hinterlässt. Durch Selbsterziehung und bewusste Reflexion der eigenen Tätigkeit können die ErzieherInnen ihrer Vorbildaufgabe gerecht werden. Respektvolles und wertschätzendes Miteinander. Rücksichtsvoll und emphatischer Umgang mit dem Kind und mit dem Team. Meinungsfreiheit, Meinung zulassen und hinhören. Liebevolles, konsequentes und freundlich Führen gehören bei uns zum Alltag.

1.2.5.     Gesundheitsförderung durch Pädagogik

Waldorfpädagogik ist in ihrer Methodik und Didaktik darauf ausgerichtet gesundheitsfördernd zu wirken. Hierbei wird Gesundheit nicht als Abwesenheit von Krankheit verstanden, sondern als Anwesenheit eines schöpferischen Potentials an leiblichen, seelischen und geistigen Entfaltungsmöglichkeiten. Diese erlauben es dem Menschen das eigene Schicksal kreativ in die Hand zu nehmen und dadurch immer mehr er selbst zu werden. Ein Individuum mit unverwechselbarer, einmaliger Signatur. Zur gesunden Förderung der individuellen Kräfte gehört auch der Grundsatz nicht von außen ein festes Lerntempo vorzugeben, sondern die Geschwindigkeit der Lernschritte den individuellen Möglichkeiten des Kindes entsprechend dem Alter anzupassen. Das Ziel, dass dem Kind bei Beginn der Schulzeit die leibliche Organisation als verlässliches und belastbares Instrument zur Verfügung stehen sollte, wird in der heutigen Zeit oft nur unzureichend erreicht. Schulärzte und Schulaufnahmegremien, aber auch die ErzieherInnen in den Kindergärten konstatieren immer häufiger Dissoziationen: Intellektuell sind manche Kinder bereits schulfähig, physiologisch, psychisch und sozial aber noch längst nicht. Waldorfpädagogik bemüht sich sowohl im Kindergarten wie im Schulbereich Wege zu finden, um den Kindern in geeigneter Weise eine Nachreifung der noch zurückgebliebenen Fähigkeiten zu ermöglichen. Das gilt für die Defizite in der Sprachentwicklung, von denen heute immer mehr Kinder betroffen sind, genauso wie für psychische Auffälligkeiten.

1.2.6.     Salutogenese

Begriff nach Aron Antonovsky, bedeutet Gesundheit als Prozess verstehen. In der Waldorfpädagogik fördern wir den lebendigen Rhythmus des Kindes, durch Ein- und Ausatmungsphasen – Körper, Leib und Seele schwingen im Alltag und sind nicht statisch.  Jeder Mensch besitzt gesunde und kranke Aspekte. Auch Ressourcen – diese können wesentlich zur Erhaltung oder Verbesserung der Gesundheit beitragen. Die Maßnahmen hierbei sollen zukunftsblickend sein. Hierbei stellt sich die Frage was macht uns gesund? Dabei gibt es drei Punkte, die die Salutogenese umschreiben:

1. Handhabbarkeit: dies beschreibt den Lösungsweg (was kann man im Team oder in dem täglichen Alltag tun, um gesund zu werden.

2. Sinnhaftigkeit – Warum mache ich dies? Alles, was wir tun, hat Sinn und Verstand.

3. Verstehbarkeit – Verständnis füreinander zeigen und Halt geben in schwierigen Zeiten durch Freunde, Familie oder auch die Arbeit. Ausbalanciert wird Salutogenese durch die Antipathie und Sympathie – etwas annehmen und auch Kritikfähigkeit zulassen.

1.2.7.     Fundamente für lebenslange Lern- und Leistungsfähigkeit

Um das gesundheitliche Fundament für lebenslange Lern- u. Leistungsfähigkeit zu sichern, legt die Waldorfpädagogik großen Wert darauf, dass das schulische Lernen erst dann beginnen sollte, wenn das Kind sich auf eine ausreichend entwickelte leibliche Organisation stützen kann. Es wird davon ausgegangen, dass diejenigen Kräfte, die im Kleinkindalter als organbildende und gestaltgebende Kräfte in der leiblichen Organisation wirksam sind, ungefähr ab dem siebten Jahr in verwandelter Form zur Verfügung stehen, nämlich als Gedanken- und Gedächtniskräfte, mit denen das Schulkind sich Begriffe und innere Vorstellungen bilden kann. Jede vorzeitige Inanspruchnahme dieser Kräfte für intellektuelle Tätigkeiten zieht sich von der Ausgestaltung der leiblichen Organisation ab und kann daher eine langfristige Schwächung der Konstitution bewirken.

1.2.8.     Vom Lernen mit der Hand zum Lernen mit dem Kopf

Waldorfpädagogik folgt dem Grundsatz, dass die kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten des Schulkindes über konkrete Tätigkeiten des Kleinkindes veranlagt werden, über das Erwerben körperlich-motorischer Geschicklichkeit und das aktive Miterleben sinnvoller Arbeits- und Lebensprozesse. Dem Lernen mit dem Kopf geht das Lernen mit Herz, Hand und Fuß voraus, das im Kindergarten im Vordergrund steht. Wurde dem Kind ausreichend Gelegenheit gegeben, sich durch unmittelbare körperliche Erfahrungen mit den Gegenständen, Vorgängen und Tatsachen seiner Lebensumwelt vertraut zu machen und sich auch mit seiner Gefühlssphäre innig zu verbinden, stärkt das im salutogenetischen Sinne die Kohärenzerfahrung und damit die Basis für ein künftiges initiativfreudiges, kreatives Gestalten der Welt, für Entdeckerfreude und Lernfähigkeit. Es gehört daher zu den Aufgaben der ErzieherInnen, nicht nur den inneren, sondern auch den äußeren Entwicklungsraum für die Kinder so zu gestalten, dass die Individualität in vielfältiger Weise angeregt wird, auf allen Ebenen – leiblich, seelisch und geistig – um die eigenen Kräfte zu aktivieren.

1.2.9.     Vermittlung ethischer und sozialer Werte durch das tätige Vorbild

Zu den pädagogischen Elementen, die dem kleinen Kind Lebenssicherheit und inneren Halt geben, gehören neben der emotionalen Zuwendung der Erwachsenen auch die Vermittlung ethisch-moralischer Qualitäten, das verbindliche Setzen von Grenzen und Regeln, das Wahrnehmen guter Umgangsformen und Konfliktlösungsstrategien, ein natürliches Verhältnis zur Geschlechtlichkeit.

In der Waldorfpädagogik wird versucht, das alles nicht auf dem Wege der Reflexion und der Diskussion an die Kinder der Elementarstufe heranzutragen, sondern indem die gewünschten Qualitäten durch das Vorbild der Erwachsenen gelebte Wirklichkeit sind, die das Kind als selbstverständliche Tatsache in seiner Lebensumgebung vorfindet und sich durch Nachahmung zu eigen macht. Begegnen die Erwachsenen jedem Kind mit Respekt und Wertschätzung, mit Toleranz und Einfühlungsvermögen, so wirkt das unmittelbar auf das Verhalten des Kindes und wird zur Gewohnheit. Ebenso erwartet das Kind die Einhaltung von Regeln und Verabredungen und erfährt durch deren verlässliche Ausführung im praktischen Vollzug, was es bedeutet, sich in eine soziale Gemeinschaft einzuordnen.

Darüberhinausgehend ist es der Waldorfpädagogik ein Anliegen, durch die bewusste Pflege von Ritualen, durch das Feiern jahreszeitlicher Feste, durch das Singen und Musizieren, das Einstudieren kleiner Theaterspiele, das tägliche sich Versammeln zum Anhören einer Geschichte nicht nur das Gemeinschaftserlebnis zu stärken, sondern auch die seelische Erfahrungswelt der Kinder anzuregen und zu bereichern. Bildhaft-konkrete Darstellungen, wie sie im Märchen, in Legenden oder kleinen Spielen zu finden sind, erschließen dem Kind ohne verbale Belehrung den Aufblick zu höheren Ebenen menschlicher Existenz, zu den Fragen nach dem Woher und Wohin, nach dem Sinn des Lebens. Diese Tätigkeiten sollen so gestaltet werden, dass sie immer offen sind für das, was Kinder in anderen Kulturkreisen und anderen Religionsgemeinschaften mitbringen. Weltanschauliche Indoktrination liegt der Waldorfpädagogik fern.

1.2.10. Resilienz

Resilienz ist die Widerstandsfähigkeit eines Kindes. Sie beschreibt die Grundlage für eine positive Entwicklung. Vor allem im Umgang mit individuellen, familiären und gesellschaftlichen Veränderungen und Belastungen. Im Kindergarten erschaffen wir den Kindern geeignete und Resilienz fördernde Bedingungen. Durch pädagogische Angebote (Märchen, Bienenwachskneten, Reigen…) können sich die Kinder frei entfalten und in beispielsweise verschiedene Rollen schlüpfen. In solchen Situationen lernen die Kinder Verhaltensweisen und nehmen sich selbst wahr. Ebenso entwickeln sie hierbei gesundes Selbstvertrauen. Dabei werden sie mit Konfliktsituationen konfrontiert und lernen den sozialen Umgang miteinander (Problemlösefähigkeit) der auch wichtig für eine resiliente Entwicklung ist. Durch den rhythmisierten Tagesablauf werden den Kindern auch beispielsweise Aufgaben übertragen, die diese mit Stolz und Verantwortung übernehmen dürfen. (Verantwortungsübernahme) Auch bei gestalterischen Tätigkeiten, wie beispielsweise das Herstellen einer Laterne oder das Arbeiten an der Werkbank (Michaelischwert) fördert die Zielorientierung und das Durchhaltevermögen, welches ebenso zu Resilienz führt. Wir als pädagogische Fachkräfte stehen den Kindern ermutigend zur Seite und verhelfen ihnen zu konstruktivem Denken, ohne dabei vorgefertigte Lösungen zu geben oder vorschnelle Hilfe zu leisten. Wir sind immer aufmerksam und sind immer ein „resilientes“ Vorbild und dabei authentisch. 

1.2.11. Eintritt in die Kindertageseinrichtung

Die Kinder und Eltern bekommen die Möglichkeit im Jahr vor dem Eintritt die Kindertageseinrichtung kennenzulernen. Die Familien werden zu bestimmten Veranstaltungen eingeladen (Tag der offenen Tür, Infoelternabend, Aufnahmegespräch, Kennenlern-Nachmittag, Bastelnachmittag). Der erste Kindergartentag findet gemeinsam mit den Eltern statt und soll dem Kind und den Eltern einen Einblick in den Kindergartenalltag geben. Das schafft Vertrauen für die weitere gemeinsame Zeit. Der weitere Eingewöhnungsprozess wird mit den Eltern individuell auf die Bedürfnisse des Kindes angepasst. Gemeinsam arbeiten wir daran, dass das Kind sich schnell, allein in der Gruppe wohl fühlt und das Abgeben ein kurzer, vertrauensvoller Moment wird. Ist das Kind bereit für den Kindergarten ist das in der Regel nach 2 Wochen erreicht.

1.2.12. Vorbereitung auf die Schule

Die Förderung der Vorschulkinder findet, integriert in das Alltagsgeschehen, in allen Bereichen und während des ganzen Jahres statt. Die altersgemischte Gruppe erweist sich als eine natürliche Hilfe auf dem Weg zur Sozialfähigkeit, besonders im letzten Jahr vor der Schule, in welchem den Großen die Abläufe im Kindergarten schon vertraut sind. Somit können diese den kleinen Kindern Vorbild sein. Hier lernen sie zum Beispiel gegenseitiges Helfen und das Übernehmen von Aufgaben, wie z.B. spülen, Blumen gießen, Konfliktlösungen finden, sich entschuldigen, geben, nehmen, teilen (soziale Fähigkeiten, Kommunikationstechniken). Es findet für jedes Vorschulkind ein Elterngespräch statt, um gezielt auf die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Kindes pädagogisch eingehen zu können. Im letzten Halbjahr vor der Einschulung wird die Arbeit mit den Vorschulkindern noch intensiviert. Es finden nun wöchentliche Angebote statt, in denen die verschiedenen Fähigkeiten der Kinder besonders gefördert und unterstützt werden, um so die Grundlagen für den Einstieg in die Schule zu bereiten.

Motorik/Geschicklichkeit

·         Bewegungsförderung durch das Spiel mit Bällen, Seilen, Stelzen

·         Tanz, rhythmische Bewegungsspiele und diverse Gruppenspiele

·         Vorschuleurythmie

·         Handwerkliche- und künstlerische Arbeiten und eine große Vorschularbeit

 Konzentration/ Ausdauer/ Gedächtnis

·         Harfe spielen (erstes Kennenlernen eines Instrumentes)

·         Vorschulgeschichte (ausgewählte Geschichten zur Bildung ethisch–moralischer Werte und zur Bildung logischen und abstrakten Denkens)

Höhepunkt des Vorschuljahres ist der jährliche Ausflug mit den Vorschulkindern und das    Vorschulkinderabschlussfest

 

 

2.    Bildungsbereiche

Wie oben dargelegt, ist das Lernen im Kindergarten ein implizites; es ergibt sich ohne Reflexion unmittelbar aus dem Wahrnehmen der Umwelt und dem Mitvollzug ihrer Aktivitäten. Rückhaltlose Hingabe an die sinnlichen Eindrücke und tätiges „sich verbinden mit der Welt“ liegt in der Natur des Kindes und diese Eigenart ist die Grundlage seiner Selbstbildung. Das aber bedeutet, dass alles Lernen in diesem Alter ein ganzheitlicher und komplexer Vorgang ist, der sich nicht in einzelne Fächer zerlegen lässt. Wenn im Folgenden dennoch einzelne Bildungsbereiche getrennt beschrieben werden, so muss dabei immer bedacht werden, dass sie in der Realität nie isoliert auftreten und auch nicht isoliert gefördert werden können, sondern sich vielfältig überschneiden und mischen. So wird z.B. beim Backen von Brötchen der Nahrungs- u. Gesundheitsaspekt eine Rolle spielen, aber gleichzeitig wird die Motorik durch die Tätigkeit des Knetens gefördert, das physikalische Verständnis wird angesprochen durch den Vorgang des Backens, das mathematisch-mengenmäßige Vorstellen durch das Zählen der fertigen Brötchen.

 Ganz besonders gilt dies auch für den Bereich der ethisch-religiösen Bildung, die in allem Tun und Arbeiten mit den Kindern anwesend sein sollte. Denn es ist nicht ein besonderer Inhalt, der in Betracht kommt, sondern die Frage, ob der Erwachsene in der Lage ist eine Grundhaltung der Ehrfurcht authentisch vorzuleben, Andacht und Liebe als Lebenspraxis zu verwirklichen. Nicht Wissen, sondern das reale Erleben solcher Gesinnungen und Haltungen übt auf das kleine Kind eine zutiefst moralische Wirkung aus. Statt dem Kind die Welt durch technische Medien vorzustellen, wird die unmittelbare Erfahrung durch eigene Betätigung und Entdeckerfreude herausgefordert und damit die Selbstbildungsfähigkeit gestärkt. Ebenso sieht Waldorfpädagogik die Notwendigkeit, die spätere Fähigkeit zu gedanklicher Reflexion und intellektueller Urteilsbildung gerade dadurch zu fördern, dass sie im Elementarbereich noch nicht explizit herausgefordert wird. Das Kind belehrt sich selbst an den von den Erwachsenen gestalteten Tatsachen und Verhältnissen seiner Umwelt. Erst wenn es eine gewisse Entwicklungsstufe gegen Ende des ersten Jahrsiebts erreicht hat, haben bewusste Reflexion und gedankliche Arbeit ihren berechtigten Platz im Lernprozess. Der Fähigkeit zur Selbstbelehrung wird auch dadurch Rechnung getragen, dass keine gesonderten Angebote für Jungen und Mädchen gemacht werden. An dem reichen pädagogischen Angebot greift jedes Kind aus eigenem Antrieb dasjenige auf, was seinen Neigungen entspricht, und darin wird es durch den Erzieher unterstützt.

2.1.  Das freie Spiel als entwicklungsfördernde Aktivität

(BEP-Werteorientiert und verantwortungsvoll handelnde Kinder S. 171)

2.1.1.     Pädagogische Aspekte

Das Spiel des kleinen Kindes unterscheidet sich deutlich von dem des älteren Kindes und erst recht von dem des Erwachsenen. Es würde gründlich missverstanden, wollte man es als eine Art „Freizeitbeschäftigung“ ansehen. Spiel ist für kleine Kinder Arbeit, mit der es sich die Welt zu eigen macht. In keiner anderen Tätigkeit kann das Kind seine Selbstbildung so umfassend verwirklichen wie hier: Sämtliche Lebenskompetenzen werden grundlegend geübt und zugleich bietet das freie Spiel eine hervorragende Grundlage für die Entfaltung der eigenen Individualität. Mit dem gleichen Ernst, mit dem das Kind in seinem Spiel lebt, kann es sich später als Erwachsener mit seiner Arbeit verbinden. Der Unterschied zwischen dem Spiel des Kindes und der Arbeit des Erwachsenen besteht nur darin, dass sich die Arbeit in die äußere Zweckmäßigkeit der Welt einfügen muss, das Tun des Kindes aber auf Impulsen beruht, die aus seinem Inneren aufsteigen und völlig zweckfrei ausgeführt werden dürfen. Das freie Spiel, wie es hier gemeint ist, sollte unbeeinflusst von lehrhaften und reflektierenden Eingriffen der Erwachsenen bleiben und auch von Seiten des Spielmaterials möglichst wenig vorbestimmt sein, so dass hierfür Naturmaterialien wie Holzklötze, Baumwolle- und Seidentücher, Wolle, Kastanien, Steine etc. bereitgestellt sind, damit das Kind, getaucht in die schöpferische Fantasie des Augenblickes, den Dingen der Welt von innen heraus ihre Bedeutung geben kann. Hier erprobt es Autonomie, Souveränität und Freiheit, indem es ganz aus eigenem Antrieb handelt und die Werte und Regeln selbst bestimmt. Im Spiel wird dem Kind Gelegenheit gegeben, die täglichen Erfahrungen, die es in seiner Umgebung macht, aus eigenem Willen zu ergreifen und im nachahmenden Tun kreativ zu verarbeiten. Traumatische Erlebnisse, Hemmungen, Aggressionen oder Ängste können abgebaut und in positive Kräfte umgewandelt werden.

2.1.2.     Formen des Spiels im Entwicklungsgang des Kindes

Das freie Spiel verwandelt sich in seiner Eigenart durch die einzelnen Altersstufen hindurch und spiegelt dadurch den Entwicklungsgang des Kindes. In den ersten beiden Lebensjahren entdeckt das Kind zunächst spielend seinen eigenen Körper. Hände und Füße werden ertastet, die motorischen Fähigkeiten erprobt, die Koordination zwischen Auge und Hand sowie zwischen Rechts und Links wird immer weiter verfeinert.

Sobald das Kind laufen kann, ergreift es mit größter Lust alle Gegenstände seiner Umgebung, betastet und erkundet sie und führt damit teilweise auch Bewegungen aus, die es am arbeitenden Erwachsenen, in seinen Gesten und Gebärden wahrgenommen hat. Im freudigen eigenen Tun erwacht der Sinn für die Bedeutung der Dinge und ihre Zusammenhänge. Jede Art von Bemühungen, dem Kind den Zweck der Tätigkeit durch Belehrung nahe zu bringen, würde es eher zu einem distanzierten Verhältnis veranlassen, statt das innige, spontane Verbunden Sein mit den Dingen zu fördern, das charakteristisch ist für das unbewusste Lernen der ersten Lebensjahre.

Im dritten bis fünften Lebensjahr ändert sich das Spielverhalten des Kindes. Längst hat es gelernt, sich frei im Raum zu bewegen und frei geht es auch mit den Gegenständen um, die ihm zum Spielen dienen: Mit unerschöpflichem Einfallsreichtum hebt es deren Zweckbestimmung auf und benutzt sie in ganz anderer Weise. Der Kochlöffel wird beispielsweise zum Telefonhörer oder zum Geigenbogen, die Fußbank zum Motorrad, zum Puppenbett oder zu einem Herd. Aber nicht nur der Umgang mit den Dingen ändert sich, sondern auch der Spielverlauf selbst nimmt immer wieder neue Formen an, sobald neue Eindrücke aus dem Umfeld dazu anregen. Gegenstände und Ereignisse in seiner Umgebung sind dem Kind willkommene Anlässe die Kräfte seiner Fantasie zu betätigen; es will verwandeln, ergänzen, neu schaffen, über das Vorgegebene hinausgehen. Sein Horizont erweitert sich dabei kontinuierlich, die Wahrnehmungen verknüpfen sich mit Gefühlen und Gedanken; Sinneszusammenhänge werden erfasst.

Im sechsten und siebten Lebensjahr lässt sich wieder eine deutliche Veränderung im Spielverhalten bemerken: Waren es bisher die äußeren Eindrücke und Erlebnisse, die das Kind zum Spielen anregten, so kommen die Anregungen nun zunehmend von innen, aus den Bildern des eigenen Vorstellungs- und Erinnerungsvermögens. Der Gedanke geht dem Willen voraus, indem das Kind zuerst Pläne macht, die dann zielgerichtet ausgeführt werden. Das Spielmaterial bleibt das gleiche wie vorher, doch legen Kinder jetzt Wert darauf festzustellen, dass die von ihnen fantasievoll aufgebaute Welt der realen Welt vollkommen gleicht, indem die benutzten Gegenstände zu „echten“ Gegenständen erklären. So verwandelt sich z.B. ein Kinderbesen, durch einen Korbgriff gesteckt und mit Bindfaden umwickelt zu einem Außenbordmotor, der „echt“ funktioniert, wenn sich der Besen dreht. Das Spiel wird auf dieser Stufe zunehmend gesellig und der Spielverlauf kontinuierlich. Ganze Handlungsabläufe können erinnert und nachvollzogen werden. Die Kinder weisen sich bestimmte Rollen zu und stellen selbst Regeln auf, an die sie sich halten. Über mehrere Tage können sich solche Spielthemen fortsetzen. Oft wissen die Kinder schon vor der Ankunft im Kindergarten, was sie spielen wollen.

 

 

2.1.3.     Bildung ethisch – moralischer Werte durch das freie Spiel

Wenn dem Kind für das Durchlaufen der geschilderten Phasen des Spiels ausreichend Zeit und Ruhe gelassen wird, können sich Wille, Gefühl und Vorstellungsleben gesund entwickeln und eine tiefe Verbindung miteinander eingehen. Das Kind lernt nicht nur, den eigenen von innen kommenden Impulsen treu zu bleiben und sie tätig in die Wirklichkeit umzusetzen, sondern auch zu fühlen, was es will und tut, und die Folgen für seine Handlungen immer besser zu überschauen. So entstehen aus dem Ernst des freien, schöpferischen Spielens Keime der Moralität und Besonnenheit: Freiheit paart sich mit persönlicher Verantwortung, schöpferische Fantasie mit Regelbewusstsein, Ich-Kompetenz mit Rücksichtnahme. Grundlegende soziale und moralische Fähigkeiten werden für das spätere Leben angelegt.

2.1.4.     Spielanregung durch den Erwachsenen

Um ein inhaltsvolles, reiches Spiel anzuregen, bedarf es nicht nur der Ruhe und einer positiven Atmosphäre. Hilfreich ist auch Spielmaterial aus der Natur, dass keinen Zweck vorgibt sowie eine Umgebung, in der die Erwachsenen in Gegenwart des Kindes sinnvolle, den praktischen Zwecken des Lebens entsprechende Arbeiten verrichten, die für das Kind durchschaubare Zusammenhänge ergeben. Das regt die Nachahmung an und weckt das Spielen, während inszenierte Beschäftigungen oder Lernprogramme nur die Zeit für freies Spielen beschneiden und dadurch verhindern, dass sich die individuelle, schöpferische Initiative entfalten kann. Während der Freispielzeit am Morgen werden in den Gruppenräumen daher Frühstück zubereitet und kleine Hand- oder Hausarbeiten verrichtet, bei denen die Kinder sich anschließen können.

2.2.  Bewegung, Leibesentwicklung und Gesundheit

(BEP: Starke Kinder S. 354ff)

2.2.1.     Pädagogische Aspekte

Immer in Bewegung, aktiv mit dem ganzen Körper und allen Sinnen, erschließt sich das kleine Kind seine Welt. In keinem Lebensabschnitt haben Bewegung und sinnliche Erfahrung eine so überragende Bedeutung wie in den ersten Lebensjahren. Denn jede Tätigkeit, sei sie motorischer oder sensorischer Art, schlägt sich beim heranwachsenden Kind in neurologischen Strukturen nieder. Fortwährende Bewegung stärkt die Fähigkeiten der Leibesbeherrschung und legt damit die wichtigsten Grundlagen für ein positives Körpergefühl, für gesunde Leibesentwicklung, für eine ausdrucksstarke Seelenfähigkeit. Welt- und Selbsterfahrung erhalten ihr Fundament. Die ganze Biografie wird dadurch geprägt.

2.2.2.     Bewegungs- und Leibesentwicklung des Kindes

Im ersten und zweiten Lebensjahr erobert das Kind seinen Leib. Es beginnt mit der ersten Koordination der Augen und der Kontrolle der Kopfbewegungen, geht weiter zum Spiel mit den eigenen Händen, später auch mit den Füßen, dann folgt das Rollen, Robben, Krabbeln, Aufrichten und Gehen. Parallel zu diesen intensiven, wenn auch unbewussten sensomotorischen Leistungen des Kindes reifen die Sinnesorgane und die Strukturen des Nervensystems aus, und diese Strukturen bilden die Grundlage für Sprach- und Denkfähigkeit. Bis zum fünften Lebensjahr gewinnt das Kind Sicherheit im Gleichgewichthalten, es kann Treppen steigen, ausdauernd gehen, hüpfen, springen, sich aus- u. anziehen. Über die immer bewusster werdende Wahrnehmung übt es gezielt seine Bewegungsfähigkeiten bis in die Fuß- u. Fingerspitzen hinein und erwirbt sich so die Geschicklichkeit, die z.B. für das Binden von Schleifen und das Einfädeln von Nadeln notwendig ist. Das Fußgewölbe und die Schwingung der Wirbelsäule sowie die Rundung des Brustkorbes bilden sich aus, Herzrhythmus und Atmung werden stabil. Im sechsten und siebten Lebensjahr beherrscht das Kind zunehmend die Koordination seiner Arme, Hände, Beine und Füße. Die Feinmotorik wird differenziert, der gesamte Körper findet zu einem sicheren Bewegungs- und Gleichgewichtsvermögen. Die Gliedmaßen gestalten sich aus und erhalten eine neue Proportion zum übrigen Leib. Die geschilderten Phänomene sind der sichtbare Ausdruck einer immer größeren Reifung des zentralen Nervensystems und – mit ihr einhergehend – auch des Bewusstseins. Seelisch-geistige Fähigkeiten wachsen heran. Die Beobachtung der Bewegungs- und Leibesentwicklung kann den ErzieherInnen helfen, dem Kind die richtigen Entwicklungsanregungen zu geben oder auch therapeutische Hilfe anzubieten, wenn ein Schritt unvollständig oder verzögert geschieht. Ferner können die Beobachtung und Beurteilung des körperlichen Ausreifens eine Hilfe sein bei der Entscheidung, wann bei dem einzelnen Kind die Reife für schulisches Lernen erreicht ist. Denn in dem Maße, in dem der Leib ausreift, werden seelisch-geistige Kräfte frei.

 Die skizzierte Entwicklung drückt sich in den Kinderzeichnungen aus, deren Motive altersabhängig sind und bei allen Kindern über die Welt hin in gleicher Art in Erscheinung treten. In ihnen kommt eine allgemeine Gesetzmäßigkeit zum Ausdruck, die zur Einschätzung des Entwicklungsstandes eines Kindes mit herangezogen werden kann, vorausgesetzt die Zeichnung entstand wirklich aus einem inneren Impuls des Kindes selbst, unabhängig von äußeren Vorgaben oder Aufforderungen. Ein gut entwickeltes Körpergefühl, kann auch ein Schutz vor psychischer und körperlicher Gewalt sein.

2.2.3.     Bildung ethisch – moralischer Werte durch Bewegungskultur

Nur eine sinnvolle, zielgerichtete Bewegung hat bildenden Wert für die Entwicklung des Kindes. Sinnloses Toben und Rasen wirkt sich eher negativ aus und ist nicht geeignet das Gehirn zu strukturieren. Daher ist es für das kleine Kind entscheidend, dass es beim Erwachsenen in reichem Maße von innen geführten, seelisch belebenden Bewegungen wahrnimmt, die es nachmachen kann. Das hilft ihm, seinen eigenen Bewegungsorganismus immer differenzierter zu durchdringen und zur vollen Funktionstüchtigkeit auszubilden. Aus dem erreichten Können erwachsen Freude, Kraft und Zuversicht, aber auch Handlungskompetenz und Durchhaltevermögen. Eigenschaften also, die den heranwachsenden Menschen befähigen, mit großer Positivität auf die Welt zuzugehen und in ihr sinnvoll zu wirken. Zugleich wird aber auch der moralische Sinn des Körpers angeregt: Gesten und Gebärden, Mimik u. Körpersprache des Erwachsenen sind für das Kind untrügliche Zeichen für die Gesinnung, die im Erwachsenen lebt. Mag er sich noch so bemühen negative Motive zu verbergen, anhand der Bewegungen spürt das Kind dennoch den Bruch zwischen äußerem Anspruch und innerer Realität. Der Sinn für Wahrhaftigkeit wird tätig, lange bevor das Kind Fragen der Moralität bewusst reflektiert.

2.2.4.     Unterstützung der Bewegungsentwicklung durch den Erwachsenen

Die Bewegungsentwicklung wird für das Kind gesund verlaufen, wenn es genügend Bewegungsraum hat, Zeit zum ungestörten Üben, und dazu natürliches Material zum Spielen, Bauen und „Arbeiten“. Eine Grundbedingung ist allerdings, dass wir ihm gestatten die einzelnen Entwicklungsschritte und Erfahrungen in dem Tempo zu durchlaufen, das seiner Individualität gemäß ist. Das Kind sollte sich dabei von der liebevollen Zuwendung der Erwachsenen getragen fühlen. Eine große Hilfe für Kinder sind ferner rhythmisch wiederholte Abläufe und sinnvoll geordnete Tätigkeiten, die sich durch ihre regelmäßige Wiederkehr einprägen und dadurch ordnend und strukturierend auf die Leibesbildung wirken.

Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird bei uns Wert gelegt auf einen stets ähnlich wiederkehrenden Tagesablauf und Wochenrhythmus, auf ein regelmäßig wiederkehrendes Angebot an Fingerspielen, Handgesten- und Reigenspielen, Reimen und Liedern, die von den Kindern mit- und nachgespielt werden können. In der wöchentlichen Eurythmiestunde bewegt sich das Kind nach den Gesetzmäßigkeiten von Versen und Tönen, Rhythmen und Melodien, nimmt freudig die Gebärden des Erwachsenen auf und schult seine Geschicklichkeit auf dem Weg zu einer geführten eigenen Bewegung. Auch das Malen mit Wasserfarben und Wachsstiften, das Bienenwachskneten, Handarbeiten und Handwerken regen dazu an sowie die Mithilfe in der Hauswirtschaft beim Waschen, Backen, Obstschneiden oder bei der Gartenpflege. Das Spiel drinnen und draußen bei jedem Wetter gibt vielfältige Gelegenheiten für Bewegungserfahrung und -schulung.

2.3.  Sprachentwicklung

(BEP: Sprach- und medienkompetente Kinder S. 207ff)

Sprache bedeutet für den Menschen weit mehr als nur ein Mittel zur Kommunikation. Sie ist die wichtigste Grundlage allen sozialen Lebens, indem sie uns die Möglichkeit gibt einander mitzuteilen, was uns im Innern bewegt.

2.3.1.     Pädagogische Aspekte

Aber Sprache leistet noch mehr: Indem das Kind sie lernt, erschließen sich ihm die Sinnzusammenhänge der Welt, strukturiert sich der Kosmos der Gedanken. Fragen nach dem Woher und Wohin des Menschen, nach dem Warum der Dinge und Vorgänge können nur durch das Medium der Sprache gestellt und beantwortet werden. Die im vorigen Abschnitt dargestellte grob- und feinmotorische Entwicklung bildet die leibliche Voraussetzung für den Spracherwerb des Kindes. Wie aber das Kind den aufrechten Gang nicht erlernen könnte ohne das Vorbild aufrecht gehender Erwachsener, so braucht es auch für den Spracherwerb ein Gegenüber. Der weitaus größte Teil sprachlicher Kommunikation geschieht nonverbal. So ist das Kind darauf angewiesen die Feinheiten der sprachlichen Melodie, des Tonfalls und des Rhythmus nicht nur zu hören, sondern sie auch in einen Zusammenhang bringen zu können mit der visuell erfahrbaren Gestik, Mimik und Haltung des Sprechenden. Dazu bedarf es der lebendigen Interaktion von Mensch zu Mensch und so braucht das Kind Erwachsene, die ihm ihre Aufmerksamkeit und genügend Zeit schenken. Das wechselseitige Hören und Sprechen ist die Voraussetzung für jegliche Sprachentwicklung und Sprachförderung.

2.3.2.     Förderung ethisch – moralischer Werte durch Sprache

Durch die Sprache erhält das Kind nicht nur die Möglichkeit seine eigenen Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. In wachsendem Maße vermittelt ihm die Sprache auch die Gedanken und Gefühle anderer Menschen, die Weltsicht fremder Kulturen. Es kann sich in sie hineinversetzen, menschliche Beziehungen aufbauen und Andere in ihrem Anderssein verstehen. Mit dem Spracherwerb bildet sich im Kind ferner der Sinn für Moralität und Wahrhaftigkeit. Denn es lernt, dass jedes Wort eine bestimmte Bedeutung hat und geht deshalb instinktiv davon aus, dass die nach dem Wort zu erwartende Handlung auch eintritt, dass Wort und Tat übereinstimmen. Insofern ist es wichtig, dass in den Worten der Erwachsenen Wahrhaftigkeit lebt, wenn sie mit dem Kind sprechen. Ironisches Sprechen bleibt dem kleinen Kind völlig unverständlich. Erst das älter werdende Kind durchschaut den absichtlichen Bruch zwischen Wort und tatsächlich gemeintem Sinn und kann ihn als Witz verstehen.

2.3.3.     Sprachliche Anregung durch den Erwachsenen

Reichhaltige sprachliche Zuwendung fördert naturgemäß den Spracherwerb des Kindes, vor allem, wenn klar artikuliert und zusammenhängend gesprochen wird. Jedoch sollten die Erwachsenen wissen, dass darüber hinaus die Körper- und Gebärdensprache vom Kind in feinster Weise wahrgenommen und auf ihre Wahrhaftigkeit geprüft wird. Das fordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Wichtig ist aber auch die Geduld dem Kind zuzuhören und es ausreden zu lassen, damit es in Ruhe seine Gedanken und Anliegen in Worte fassen kann. Gelegenheiten dazu bieten sich beispielsweise beim Begrüßen, während der Spielzeiten oder bei Tischgesprächen. Das Kind sollte nach Inhalt und Wortgebrauch altersgemäß angesprochen werden, aber nie kindisch oder in Kleinkind-Sprache. Bildhafte, fantasievolle Sprache fördert die Entwicklung besonders gut. Von großer Bedeutung für die Sprachkultur sind deswegen die vielen Reime und Gedichte, Tänze oder Reigen, wie sie bei uns gepflegt werden. Das tägliche Hören von Geschichten oder Märchen bereichert nicht nur den Wort- und Sprachschatz der Kinder, sondern regt auch ihre Fantasie und Gestaltungskraft an. Wie bei jedem Lernvorgang ist es wichtig, dass über längere Zeit dasselbe erzählt oder im Puppenspiel gezeigt wird, damit sich die Kinder mit dem Inhalt und der Darstellung verbinden können. Sie haben Freude am Wiedererkennen, gewinnen rasch Sicherheit im Umgang mit anspruchsvoller Sprache und integrieren das Gehörte fantasievoll in ihr freies Spiel.

Um Kindern gerecht zu werden, die diesbezüglich mehr Aufmerksamkeit brauchen, wie zum Beispiel Kinder mit Sprachauffälligkeiten oder mit Migrationshintergrund, haben wir das Angebot eines wöchentlichen Sprachpflegekurses eingeführt, welcher von einer eigens dafür ausgebildeten Sprachgestalterin geleitet wird.

2.4.  Rhythmisch- musikalisch- künstlerische Bildung

(BEP: künstlerisch aktive Kinder S. 309ff)

Kinder sind geborene Künstler. Mit ihren schöpferischen Fähigkeiten schreiten sie freudig zur Tat und stehen mit ihrem tätigen Schaffen gewissermaßen mitten in der Welt. Sie tauchen unbewusst ein in das Wesen der Dinge, während wir Erwachsene eher als Zuschauer, Betrachter und Kritiker auf Distanz bedacht sind.

2.4.1.     Pflege von Musik und Rhythmus

Im Familienalltag, in Kindergarten und Schule wird mit Kindern immer weniger gesungen. Diese urmenschliche Tätigkeit bedarf heute besonderer Pflege. Dass es sich dabei nicht nur um eine Angelegenheit für das menschliche Gemüt handelt, hat die neuere Wissenschaft herausgearbeitet: Sie konnte nachweisen, dass Singen gesundend wirkt, den Atem vertieft und nicht zuletzt die Ausreifung der Atem- und Sprachorgane unterstützt. Besondere Bedeutung kommt beim Singen sowie bei allen musikalischen Tätigkeiten dem Rhythmus zu. Er übt eine ordnende und stabilisierende Wirkung aus, sowohl auf die leibliche als auch auf die seelisch-geistige Organisation des Kindes. Rhythmus verbindet Sprache, Musik und Bewegung. Und dieser Dreiklang sollte als ein Lebenselement die Kinder durchziehen.

Der Kindergarten bietet dazu vielerlei Möglichkeiten, indem die Kinder täglich Lieder und Verse singen und nach dem Vorbild des Erwachsenen dazu auch Bewegungen machen, die dem Inhalt entsprechen. Unaufgefordert bemühen sie sich, die adäquaten Gesten und Bewegungen immer exakter auszuführen. So werden z.B. große stampfende Schritte im Wechsel mit kleinen trippelnden geübt, oder man galoppiert als Pferdchen und hat die Aufgabe, wenn der Vers endet, aus dem Hüpfen oder Springen sofort zum Stillstand zu kommen. Hier erwirbt sich das Kind ohne jede Belehrung komplexe sensomotorische Fähigkeiten, die ihm tiefe Befriedigung geben und es zugleich in seiner Entwicklung voranbringen.

2.4.2.     Bildung ethisch- moralischer Werte durch Musik

Musik führt zu seelischer Harmonie und Ausgeglichenheit, fördert die kognitive Entwicklung, Bewegungsfreude und Vitalität, stärkt die Lebenssicherheit und festigt die Persönlichkeit. Musikalisch- rhythmisch- künstlerische Betätigung ist ein ideales Mittel, um die schöpferische Fantasie der Kinder anzuregen und ihre Initiativkraft zu wecken. Musik führt den Menschen aber nicht nur nach innen zu sich selbst, sondern auch nach außen in die Welt: Indem die Qualität von Klängen, Tönen, Melodien und Rhythmen erlebt wird, erfährt das Kind zugleich, wie sich im Ton das Wesen der Dinge ausspricht; es rührt an die Sphäre der Echtheit und Wahrhaftigkeit. Ebenso wird der soziale Zusammenhang gestärkt, denn im Aufeinander-Hören und Sich-Aufeinander-Einstimmen entsteht eine integrierende Gemeinsamkeit, zu der jeder Teilnehmer kraft seiner Individualität einen unverzichtbaren Beitrag leistet. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass gemeinsames Musizieren nicht nur die Musikalität fördert, sondern auch die Sozialfähigkeiten steigert.

2.4.3.     Künstlerische Tätigkeiten im Kindergarten

Sprachliche, rhythmische und musikalische Elemente durchziehen den Tagesablauf im Waldorfkindergarten. Es werden Lieder gesungen und einfache Musikinstrumente wie Xylophon, Klang- und Glockenspiele gespielt. Die Vorschulkinder lernen in Kleingruppen spielerisch und altersgerecht das erste Spiel auf der Kinderharfe kennen. Verse und Reime werden gesprochen, Fingerspiele und Handgestenspiele kommen dazu, eine Geschichte oder ein Märchen wird erzählt oder vorgelesen.

Einen besonderen Höhepunkt bildet die wöchentliche Eurythmiestunde, die von einem Berufseurythmisten gegeben wird. Eurythmie ist eine Bewegungskunst, in der Sprache und Musik kongruent umgesetzt werden in entsprechende Gebärden und Bewegungsabläufe. Die Bewegungsschulung ist hier untrennbar verbunden mit einer Steigerung der geistigen Präsenz, so dass diese Kunst wie kaum eine andere bildend auf den ganzen Menschen wirkt. Im Kindergarten wird sie noch nicht so systematisch geübt wie später in der Schule, sondern lebt in einfacher, altersgemäßer Weise ganz aus dem Tun und der Nachahmung. Eine ähnliche Verdichtung der künstlerischen Tätigkeit geschieht in unserem Reigen, den wir mit den Kindern durchführen. Lieder und Verse, die in einem Zusammenhang mit der Jahreszeit stehen, werden gesungen, gespielt und durch gezielte Gebärden unterstützt. Hören und Sehen- Empfinden und Vorstellen durchdringen einander. Sprache, Bewegung und Musik verschmelzen zu einem Ganzen. Zugleich werden soziale Fähigkeiten geübt, indem sich die Kinder in die Formation einordnen, etwas paarweise oder allein tun dürfen, abwarten oder zuschauen.

Die Altersmischung der Gruppe unterstützt diese ganzheitliche Bildung, indem die älteren Kinder eine Vorbildfunktion bekommen, weil sie die Bewegungen und Lieder gut können und auch anspruchsvollere Partien bewältigen. Das stärkt ihr Selbstvertrauen und spornt die Kleinen an, es ihnen nachzutun. Das darstellende Spiel mit Puppen und Handfiguren ist uns wichtig. Es regt in außerordentlichem Maße die Phantasiekräfte der Kinder an, fördert das ästhetische Empfinden und zugleich die Geschicklichkeit mit den Händen. Konzentration und zielgerichtetes Handeln stellen sich im Miterleben des Geschehens wie von selbst ein. Nicht weniger intensiv reagieren Kinder auf das Hören von Märchen: Deren bildhafte Sprache erregt in ihnen eine farbige Welt innerer Bilder, mit denen sich die Empfindungs-, Gemüts- und Willenskräfte lebhaft verbinden, so dass Märchen wie eine Nahrung für die Seele aufgesogen werden. Im täglichen Abschlusskreis bekommen die Kinder daher ein Puppenspiel gespielt oder eine Geschichte oder ein Märchen erzählt, was über eine Zeit von etwa drei Wochen im Wechsel geschieht.

Das Hören von Musik oder Gesang anhand elektronischer Medien kann das Vorsingen und Erzählen nicht ersetzen. Die Kinder brauchen die Verbindung mit einer erlebbaren Person, um über das Vorbild zum eigenen Tun zu kommen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Erwachsene über ein herausragendes musikalisches oder rhetorisches Können verfügt. Was für die Kinder zählt, ist das Bemühen des Erwachsenen selbst zu singen und zu erzählen. Eine weitere künstlerische Tätigkeit ist das Kneten mit Bienenwachs, welchem wir uns in den kälteren Jahreszeiten einmal pro Woche mit den Kindern widmen. Hier erfahren die Kinder die Gestaltungskräfte ihrer Hände, die Wirkungen von Wärmeprozessen, von Druck und Gegendruck. Sie erleben Kanten, Flächen, verschiedenartige Formen und deren Verwandlung im Raum.

Auch das Malen mit Wasserfarben hat jahreszeitenbedingt seinen festen Platz im Kindergarten, bei welchem die Freude am Verwandeln, das Begegnen und Mischen der Farben im Vordergrund steht. Im Kindergartenalter werden beim Malen dabei keine Themen gestellt, um dem Kind die Spontaneität nicht zu nehmen, mit der es „etwas erschaffen“ will. Alles Korrigieren, Bewerten und Reflektieren schafft Distanz, die den inneren Gestaltungswillen und die Fantasie hemmt. Für das Kind im Kindergarten kommt es auf das Schaffen an, nicht auf das Ergebnis. Das Kind lebt im Jetzt, in der unmittelbaren Tätigkeit, in der Gegenwartserfüllung.

2.5.  Grundlagen mathematisch - naturwissenschaftlicher Bildung

(BEP: fragende und forschende Kinder S. 251ff)

2.5.1.     Pädagogische Aspekte

Kinder haben großes Interesse an allen Erscheinungen in der Natur. Neugierig forschend, fragend und probierend gehen sie auf die Welt zu, nicht mit wissenschaftlich- kritischer Reflexion, sondern mit spontaner Tätigkeit und Empfindung. Was sie erlebt haben, findet Eingang in ihr Spiel. Das kindliche Spiel aber erweist sich bei genauerer Betrachtung als eine hervorragende Vorbereitung auf künftige mathematisch - naturwissenschaftliche Bildung, ohne dass es den Kindern bewusst ist: Im Umgang mit naturbelassenem, zweckfreiem Material nutzt das Kind die Gelegenheit zum selbstständigen Bauen und Konstruieren, Sortieren, Ordnen, Vergleichen und Ausprobieren. Es erlebt dabei in sinnlicher Unmittelbarkeit Maße und Gewichte, Qualitäten und Quantitäten. Es erforscht die Welt, lernt mit ihr umzugehen und sie zu gestalten. Lange bevor das Kind mit Zahlen im engeren Sinn rechnet oder physikalische Gesetze bewusst handhabt, erobert es, ohne das zu wissen, die Grundlagen mathematisch - physikalischer Fähigkeiten. Alles, was später mit dem Verstand erkannt und gedacht werden kann, ist vorher sinnlich- leiblich erfahren, getan und begriffen worden.

2.5.2.     Grundlagenbildung

Das kleine Kind lebt jederzeit in der Gegenwart, sein eigenes Erleben steht im Mittelpunkt. Erst nach und nach entwickelt sich aus dem Heute und Jetzt ein Bewusstsein von Gestern und Morgen, ein Leben auch in Vergangenheit und Zukunft und damit die bewusste Erinnerung. Voraussetzung für diesen Schritt ist, dass das Kind in einem durch den Erwachsenen bewusst gestalteten, immer ähnlich wiederkehrenden Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus lebt. Es erfährt die Zeit durch Gliederung, Ordnung und Maß. Das langsame Erwachen des Bewusstseins für die Qualitäten von Raum und Zeit, von Menge, Zahl und geometrisch - mathematischen Gesetzmäßigkeiten ist beim Kind eng mit seiner leiblichen Entwicklung verbunden. Deswegen muss die gesunde Bildung und Ausreifung der Sinnesfunktionen sowie des Bewegungsorganismus vorrangiges Ziel der Elementarpädagogik sein. Handelnd lernen die Kinder die Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten ihrer Umwelt kennen. Schon das „sich Aufrichten“ und das „Gehen lernen“ stellt das Kind in die Erfahrung der Schwerkraft und in die Dimensionen des Raumes. Später werden Schwung, Auftrieb, Schwerkraft, Fliehkraft, Reibung usw. leiblich erfahren im Schaukeln, Seilspringen, Karussell fahren, Wippen und Rutschen. Im Spiel finden diese Erfahrungen ihre Anwendung, indem die Kinder z.B. Kastanien auf schiefgelegten Brettern herunterrollen lassen oder indem Murmelbahnen, Brücken und Türme gebaut werden. Hebelgesetze, Statik, Balance werden dabei erprobt. In der Eurythmie und im Reigen werden geometrische Formen wie Kreis und Mittelpunkt, Oval, Gerade, Spirale, sowie das Innen/ Außen, Oben/ Unten, Rechts/ Links durch die eigene Bewegung unbewusst erlebt. Die räumliche Vorstellungskraft schult sich daran und ebenso das Gefühl für Proportionen. Die Zusammenhänge, die das Kind im Spiel, im Experimentieren mit dem Material und durch den Einsatz mit seinem ganzen Körper erlebt, verdichten sich zu einer noch unbewussten körperlichen – kinästhetischen Intelligenz. Diese bildet die Grundlage für das exakte mathematisch - naturwissenschaftliche Denken und Verstehen im späteren Leben. Um die Zeit des beginnenden Zahnwechsels erlangt das Kind die Fähigkeit mit räumlichen und zeitlichen Vorstellungen rational umzugehen. So kann von ihm in der Schule als Gesetz erkannt und gedacht werden, was in den ersten sechs Lebensjahren leiblich erfahren und im Spiel ausprobiert wurde.

2.5.3.     Bildung ethisch - moralischer Werte

Kann das Kind am Erwachsenen dessen Staunen über Erscheinungen in der Natur, seine Freude, Achtung und Ehrfurcht gegenüber allem, was lebt, erleben, dann wird in ihm ein tiefes Verantwortungsgefühl veranlagt, ein Empfinden für moralisches Handeln. Es erlebt die Welt in ihren Gesetzmäßigkeiten und in ihrer Verlässlichkeit und gewinnt dadurch die innere Gewissheit, dass im menschlichen Denken dieselben Kräfte und Zusammenhänge wirksam sind wie in den Vorgängen der Natur. Es gewinnt Vertrauen in das eigene Dasein und betrachtet die Welt als einen Ort, an dem es sich beheimatet fühlt. Diese Erfahrung die Welt als geordnet und gut erleben zu können ist in den ersten Lebensjahren fundamental wichtig, weil sie dem Kind die Kraft gibt, die es später braucht, um den Gefahren und Problemen des Lebens begegnen zu können.

2.5.4.     Anregungen im Kindergartenalltag

Für den Umgang mit mathematischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten bietet der Tagesablauf des Kindergartens vielfältige Möglichkeiten, ohne dass sie durch Reflexion ins Bewusstsein gehoben werden. Mengen und Zahlen erfahren die Kinder z. B. beim Tische decken, beim Zerteilen eines Apfels und beim Abmessen der Zutaten für das Backen. Tatsachenlogik und das Verständnis für Systematik werden rein aus der Handlung heraus gefördert, indem täglich nach dem Freispiel gemeinsam aufgeräumt und die gebrauchten Materialen sortiert und an den für sie bestimmten Platz gebracht werden. Das schafft neben der äußeren auch eine innere Ordnung, fördert den Überblick und die Selbstständigkeit. Im Freien erleben Kinder wie unterschiedlich sich Sand, Lehm, Wasser, Holz, Stein etc. anfühlen. Die Qualitäten von Hart/ Weich, Rau/ Glatt, Warm/ Kalt werden handgreiflich erfahren. Auch beobachten Kinder wie unterschiedlich sich Sand oder Lehm zu Wasser verhalten, oder dass Blätter und Holz schwimmen während Steinchen im Wasser untergehen. Die Pflege des Gartens gibt Gelegenheit Pflanzen kennen zu lernen und in ihrem Wachsen, Blühen und Welken wahrzunehmen. Tiere werden beobachtet, Regenbogen und Wolken bestaunt, der Jahreslauf mit dem Sonnengang, der wechselnden Helligkeit, Wärme und Kälte wahrgenommen. Für die Veranlagung naturwissenschaftlicher Bildung ist viel gewonnen, wenn die Kinder in diesem Alter statt trockener Abstraktionen eine unmittelbare, seelisch gesättigte Erfahrung bekommen von der unerschöpflichen Fülle der Sinneswelt. Dies ist eine Erfahrung, die das Staunen und die produktive Neugierde wachhält. In der Schulzeit trifft dann das rationale gedankliche Element auf eine Empfindungsgrundlage, die schon in der Kindheit gelegt wurde und sorgt jetzt dafür, dass sich der Mensch nicht nur verstandesmäßig mit der Welt verbindet, sondern als ganzer Mensch mit Kopf, Herz und Hand.

2.6.  Bildung sozialer Fähigkeiten

(BEP: werteorientiert- und verantwortungsvoll handelnde Kinder S. 173ff)

2.6.1.     Pädagogische Aspekte

Die Bildung sozialer Fähigkeiten hat eine wesentliche Voraussetzung: Um Mitgefühl und Verständnis für andere Menschen zu entwickeln muss sich das Kind selbst zunächst als eigenständige Individualität erleben, sich behaupten können und sich von seinen Mitmenschen angenommen und bestätigt fühlen. In dem Maße, in dem es Sicherheit und Geborgenheit in einer verlässlichen menschlichen Bindung erfährt, entwickelt es sein Selbstwertgefühl und seine Selbstständigkeit. Erst auf dieser Grundlage gewinnt es die Freiheit nicht nur auf sich zu blicken, sondern sich auch mit Interesse und Hilfsbereitschaft anderen Menschen zuzuwenden.

2.6.2.     Entwicklungsschritte zur Sozialfähigkeit

Der Säugling kennt zunächst nur seine eigenen Bedürfnisse und erwartet intensive Zuwendung. Nichts Besseres kann ihm geschehen als eine möglichst feste Einbettung in einen schon bestehenden Sozialzusammenhang. Aber auch das Kleinkind ist noch in höchstem Maße beziehungsbedürftig. Ohne zuverlässige Bezugsperson kann es nicht gedeihen. Es lebt in dem Vertrauen, dass Menschen da sind, die unverbrüchlich zu ihm stehen, die ihm helfen. Dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen ist die Vorbedingung, um dem Kind den Erwerb sozialer Kompetenzen zu ermöglichen. Erst im Laufe der Jahre wird das Kind selbstständig genug um sich getrennt von seiner Umgebung zu erleben und auch andere Menschen in ihren Bedürfnissen wahrzunehmen.

 

 

Auf diesem Weg zur Sozialfähigkeit hat das Kind bereits erste Schritte getan, wenn es aus der kleinen Gemeinschaft der Familie in die größere, ihm zunächst fremde Gemeinschaft des Kindergartens kommt. In der altersgemischten Gruppe trifft das Kind sowohl auf jüngere als auch auf ältere Kinder, mit denen es sich arrangieren muss. Hier ergeben sich – vor allem für Einzelkinder – vielfältige soziale Erfahrungen. Andererseits wird dafür gesorgt, dass das Kind auch in dieser neuen, größeren Gemeinschaft Geborgenheit und Sicherheit erleben kann: Das über längere Zeit konstant bleibende Gruppengefüge lässt ihm Raum und Zeit, um in einem vertrauten Menschenkreis und Umfeld seine individuelle Entwicklung zu durchlaufen und tragende Beziehungen zu den anderen Kindern und zur Erzieherin aufzubauen. Die rhythmisch wiederkehrenden Tätigkeiten an bestimmten Wochentagen und das regelmäßige Feiern der Jahresfeste sorgen für Überschaubarkeit des zeitlichen Gefüges. Das alles schafft Vertrauen in die Welt und in die Menschen und damit die Basis für das Wachsen der Sozialkompetenz.

Erste Versuche des Kindes sich von der vertrauten Bezugsperson abzusetzen, zeigen sich in den Trotzphasen. Hier erprobt das Kind seine Selbstständigkeit und wird sich seiner eigenen Willenskräfte bewusst. Gleichzeitig kann das Kind im geschützten Rahmen des Kindergartens lernen Beziehungen zu weiteren Bezugspersonen aufzubauen und das gemeinsame Leben in einer größeren Kindergruppe mitzugestalten, zu genießen und zu ertragen. Es lernt Rücksicht zu nehmen oder warten zu können und erlebt, wie ihm von älteren Kindern geholfen wird. Die altersgemischte Gruppe erweist sich als eine natürliche Hilfe auf dem Weg zur Sozialfähigkeit, besonders im letzten Jahr vor der Schule, wo den „Großen“ die Abläufe im Kindergarten schon vertraut sind, so dass sie den kleineren Kindern Vorbild sein können. Sie sind sich ihres Könnens und Wissens bewusst, übernehmen selbstständig Aufgaben und leiten die Kleineren an. Verantwortungsbewusstsein, Durchhaltekraft und ernste Arbeitshaltung entwickeln sich, verbunden mit Selbstsicherheit und Kraft. Die Kleinen erfahren dadurch den Ansporn, selbst auch einmal so tüchtig werden zu wollen. Für die werdenden Schulkinder gibt es im letzten Kindergartenjahr besondere Aufgaben, die ihnen Gelegenheit geben, Verantwortung zu übernehmen, Geschick und Durchhaltevermögen zu beweisen und gezielt für andere Menschen da zu sein. Besondere Projekte, Ausflüge oder anspruchsvolle Arbeiten sind dafür geeignet, z. B. Arbeiten an der Werkbank, das Weben und eine gezielte Vorschularbeit zum Abschluss. Der Schritt zum Schulkind ist gekennzeichnet durch einen grundlegenden Wandel sowohl des Sozialzusammenhangs wie auch des Lernverhaltens: An die Stelle des implizierten Lernens tritt das explizite Lernen, an die Stelle der altersgemischten Gruppe die Gruppe mit Kindern annähernd gleichen Alters und Entwicklungsstandes. Waren bisher unreflektierte Gewohnheiten haltgebend und grenzgebend, sind es jetzt besprochene und verabredete Regeln. Soziale Fähigkeiten können nun bewusst geübt werden.

2.6.3.     Bildung ethisch - moralischer Werte

Bindungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Sozialfähigkeit gehören zu den wichtigsten Grundwerten des Menschseins. Wir werden sozialfähig, wenn wir über ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein und Sicherheit verfügen. Weiß sich das Kind in seinem Sein und Können anerkannt, entstehen Schaffenskraft, Mut und Selbstvertrauen, Initiativkraft und Lust, etwas zu wagen; das Kind kann sinnvoll auf Anforderungen reagieren und Schwierigkeiten meistern. Ein solches Kind kann aber in Konfliktsituationen auch nachgeben und anderen verzeihen, es kann warten bis es an der Reihe ist, kann verzichten, verlieren und verstehen. Es kann seine Bedürfnisse äußern und sich vertrauensvoll an den Erwachsenen wenden, wenn etwas passiert, was es nicht möchte/nicht einschätzen kann.

2.6.4.     Anregung der Sozialfähigkeit durch den Erwachsenen

Die Ausbildung der Sozialfähigkeit können wir im Kindergarten unterstützen, indem Phasen des vollen Eintauchens in die Gemeinschaft rhythmisch abwechseln mit Phasen, in denen das Kind ganz bei sich sein darf und seinen eigenen Intentionen nachgehen kann, z. B. im freien Spiel, in Phasen des aktiven sich „nach außen Wendens“, Phasen des ruhigen Lauschens und des konzentrierten Wahrnehmens. Diese Phasen sollten in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Besonderen Wert für die Ausbildung sozialer Kräfte haben die gemeinsamen Mahlzeiten. Sie geben Gelegenheit für die bewusste Pflege einer Kultur, die über die Einhaltung gewisser Formen und Regeln weit hinausgehen kann. Hier wie auch bei vielen anderen Tätigkeiten sind, wir Erwachsenen Vorbild fürs Kind. In einer ruhigen, humorvollen, nicht pedantischen Haltung treten wir dem Kind gegenüber und geben ihm so eine Hilfestellung und Sicherheit. Denn unbewusst orientieren sich die Kinder an diesen Vorbildern. Die Art wie Erwachsene sich gegenseitig behandeln, wie sie mit Gewalt umgehen, welche Konfliktlösungsstrategien sie bevorzugen, wie viel Toleranz sie aufbringen- das alles hat eine starke Wirkung und spiegelt sich im Verhalten der Kinder.

2.7.  Grundlagen für Medienkompetenz im Kindergarten

(BEP: sprach- und medienkompetente Kinder S. 207)

Medienkompetenz wird heute vom erwachsenen Menschen genauso selbstverständlich erwartet wie die Fähigkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein Ziel zu erreichen und sich im Straßenverkehr adäquat zu verhalten. Wie aber gewinnen wir diese Kompetenz? Hinsichtlich des Verkehrs kommt niemand auf die Idee die Kompetenz schon von kleinen Kindern zu verlangen, weil evident ist, dass sie damit völlig überfordert wären. Bevor sich Kinder selbstständig im Straßenverkehr bewegen können, müssen sie zuvor eine Fülle motorischer und sensorischer Fähigkeiten ausgebildet haben, um die erforderlichen Leistungen simultan zu erbringen. Sie müssen beispielsweise ein Fahrrad sicher lenken können, in jeder Lage das Gleichgewicht halten können, die räumliche Orientierung nicht verlieren, dazu noch die Verkehrssituation richtig einschätzen können und angemessen darauf reagieren. Die Entwicklungsreife, die hier benötigt wird, bildet sich nicht im Straßenverkehr aus, sondern durch ganz andere Tätigkeiten in einem geschützten pädagogischen Raum. Nicht umsonst warnt der ADAC davor, Kinder vor dem zehnten Lebensjahr allein mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.

2.7.1.     Medienkompetenz entsteht nicht am Medium

Das gleiche gilt auch für den Umgang mit modernen Medien. Eine wirkliche Medienkompetenz, die diesen Namen verdient, entsteht nicht durch sofortige Mediennutzung in der frühen Kindheit, sondern durch den Erwerb ganz anderer Kompetenzen, die vorausgehen müssen. Die Wichtigste und Grundlegendste von ihnen ist die Ausbildung der motorischen und sensorischen Fähigkeiten, durch die das Gehirn des Kindes erst seine volle Leistungsfähigkeit erlangt und der Organismus die nötige Stabilität gewinnt, um sich gesund entwickeln zu können. Das Kind ist existenziell darauf angewiesen, seine Sinnesorgane möglichst differenziert entwickeln zu können, indem es die Welt mit ihrer Fülle unterschiedlichster Wahrnehmungsqualitäten immer wieder unmittelbar tätig erlebt. Denn nur so kann es z. B. den Geruch, den Geschmack, das Aussehen und den Klang eines Gegenstands als zusammengehörig erleben, als verschiedene Sinnesmodalitäten, die einem einzigen Gegenstand zu zuordnen sind. Die Fähigkeit, Informationen aus verschiedenen Sinnesbezirken durch die eigene innere Aktivität in einen Zusammenhang zu bringen, muss in einem langen Lernprozess erworben werden. Sie bildet die Grundlage für Denken und Urteilsvermögen. Auf sie gestützt kann man in späteren Jahren aus Daten Wissen, aus Symbolen Bedeutung und aus Texten Sinn schöpfen. Eben diese Fähigkeit, die in den ersten Kindheitsjahren veranlagt werden muss, lässt sich an den elektronischen Medien prinzipiell nicht ausbilden. Denn Fernsehen und Computer reduzieren die Sinnesfülle auf Auge und Ohr. Hier heben sie auch noch die Kongruenz von Bild- und Tonwahrnehmung auf, indem das, was aus dem Lautsprecher ertönt (z. B. Musik oder die Sprache eines unsichtbar bleibenden Sprechers), meist aus einem ganz anderen Realitätsbereich stammt als das, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Außerdem werden die Hör- und Seheindrücke von der körperlichen Aktivität des Kindes abgekoppelt, indem seine natürliche Bewegungsaktivität während des Sehens hochgradig zum Stillstand kommt.

Wenn Bildung wirklich vom Kind hergedacht werden soll, wie in den aktuellen Bildungsplänen gefordert, dann müssen die Gesetzmäßigkeiten der kindlichen Entwicklung die Beachtung finden, die ihnen gebührt. Solange die Entwicklungsfenster für die Ausreifung der den Sinnesorganen zugedachten Gehirnareale noch offen sind und alle sinnlichen Eindrücke unmittelbar die Vernetzung des Gehirns formen, ist es schon aus physiologischen Gründen nicht zu verantworten, in vorschulischen Einrichtungen Bildschirmmedien einzusetzen. Da zählt auch nicht der Hinweis auf den angeblich wertvollen Inhalt kindgerecht gestalteter Sendungen. Der Hirnforscher Manfred Spitzer bemerkt dazu: „Ein Fernseh-, Video- oder Computerbildschirm ist auch dann für Kinder schädlich, wenn die tollste Kindersendung gerade läuft, der schönste Tierfilm oder das intelligenteste Lernprogramm“. So sehr Waldorfpädagogik Wert darauf legt, in den höheren Klassen der Schule Medienkunde und Computerunterricht stattfinden zu lassen, so entschieden lehnen wir es ab, elektronische Medien im Kindergarten und im Grundschulbereich als pädagogische Mittel einzusetzen – nicht aus Medienfeindlichkeit, sondern im Gegenteil, um die spätere Medienkompetenz in bestmöglicher Weise Wirklichkeit werden zu lassen.

2.7.2.     Entwicklungspsychologische Aspekte

Auch dann, wenn man die physiologischen Wirkungen der Medien ignoriert- wie meistens üblich- und nur auf die inhaltliche Seite blickt, sieht Waldorfpädagogik keine überzeugende Begründung Medien im Kindergarten als pädagogische Mittel einzusetzen. Denn es gibt genügend Untersuchungsergebnisse, die zeigen, dass Kinder auch in inhaltlicher Hinsicht den meisten Filmproduktionen nicht gewachsen sind: Sie verstehen noch kaum den Plot und den Zusammenhang eines Filmes und können vor allem nicht wahrnehmen, dass das Geschehen Fiktion ist. Sie halten das Filmgeschehen wie die übrige Umwelt für Realität. Erst im Grundschulalter stellt sich allmählich das Unterscheidungsvermögen zwischen medialer Fiktion und Wirklichkeit ein. Gleichwohl sind die Kinder auch dann noch wenig in der Lage nebeneinander laufende Handlungsstränge und die entsprechenden Filmschnitte gedanklich einzuordnen. Die Werbung nutzt diese Entwicklungstatsachen, um gerade Kinder und Jugendliche massiv zu beeinflussen. Sie weiß, dass Kindergartenkinder überhaupt noch nicht in der Lage sind die Verkaufsabsichten einer Werbung zu erfassen, sondern die Aussagen eines Werbespots als Wahrheit hinnehmen. Erst im Schulalter beginnen Kinder zu verstehen, dass durch Werbespots etwas verkauft werden soll. Frühestens im Alter von 12 Jahren sind sie in der Lage die Werbeabsichten auf sich selbst zu beziehen und auch dann fehlt ihnen noch die kritische Distanz. Werden die Heranwachsenden noch vor der Ausreifung der organischen Prozesse und des Frontalhirns dazu veranlasst, trifft die Forderung nach dieser kritischen Distanz nicht auf die notwendigen Voraussetzungen, ja sie verhindert bei allzu frühem Einsatz sogar in hohem Maße den Erwerb dieser Voraussetzungen. Medienpädagogischer Unterricht sollte deshalb aus Sicht der Waldorfpädagogik nicht vor dem Erreichen der Pubertät beginnen.

 

 

3.    Bildungsbedingungen

Die im Teil 2 vorgestellten Bildungsbereiche der Waldorfpädagogik können von den Pädagogen nur dann verwirklicht werden, wenn auch im sozialen und organisatorischen Bereich bestimmte Bedingungen gegeben sind, durch die die Qualität der pädagogischen Arbeit nach innen und nach außen gesichert wird. Diese Bedingungen sollen im Folgenden skizziert werden.

3.1.  Selbsterziehung

3.1.1.     Selbsterziehung als Grundlage pädagogischen Handelns

Den Kern jeder Erziehung bildet die Begegnung zwischen Kind und Erwachsenem. Diese Begegnung zu gestalten und fruchtbar zu machen, ist die Aufgabe des Erwachsenen, die er in dem Maße meistern kann, indem er seine eigene Persönlichkeitsentwicklung vorantreibt. Selbsterziehung des Erwachsenen im Sinne der pädagogischen Vorbildfunktion gehört zu den entscheidenden Grundlagen des Bildungs- und Erziehungsgeschehens. Eine zentrale Aufgabe der Selbsterziehung besteht darin, aus freiem Entschluss eigene Gewohnheiten umzugestalten. Eine wesentliche Hilfe, um mit den Kindern in eine tragende innere Verbindung zu kommen, ist auch die tägliche Pflege der Rückschau, nicht im Sinne einer Selbstreflexion, sondern einer intensiven Wahrnehmung dessen, was an den Kindern und dem eigenen Verhalten an dem betreffenden Tag zu erleben war. Bedingung und gleichermaßen Zielsetzung der Waldorfpädagogik ist es, das Erziehungs- und Bildungsgeschehen als systemische Aufgabe zu verstehen. Das bedeutet: Alle Fragen, die mit den Kindern und ihrer Entwicklung zusammenhängen, sind immer zugleich Fragen an den Pädagogen selbst, in welcher Weise er sich verändern kann, um dem Kind einen entsprechenden Entwicklungsraum zu geben. Jedes Kind wird täglich persönlich begrüßt und es wird ihm jeden Tag aufs Neue unvoreingenommen gegenübergetreten.  Es wird wohlwollend und mit klaren und nicht abstrakten Worten zu dem Kind gesprochen.

3.1.2.     Freude bei der Arbeit und Kompetenz in den Arbeitsschritten

Den Erwachsenen im Kindergarten fällt die Aufgabe zu vor den Augen der Kinder vielfältigste Arbeiten hauswirtschaftlicher und handwerklicher Art zu verrichten, nicht im Sinne einer Lehrveranstaltung, um die Kinder zu speziellen Handfertigkeiten oder kognitiven Prozessen anzuleiten, sondern so, dass die Arbeiten sich ganz selbstverständlich und tatsachenlogisch aus den Notwendigkeiten des Alltags im Kindergarten ergeben. Ihr bildender Wert liegt darin, dass sie von den Kindern als Lebenstatsache vorgefunden und nachgeahmt werden können. Zu diesem Zweck benötigen die ErzieherInnen praktische Fähigkeiten in den anstehenden Aufgabenfeldern der Hauswirtschaft, in gewissen Handarbeiten und in einigen handwerklichen Bereichen. Auch die Gartenarbeit gehört dazu. Wenn die pädagogisch Tätigen sich freudig darum bemühen, die nötigen sachlichen Kompetenzen für die anstehenden Aufgaben zu erwerben, werden die ihrerseits zu schöpferischen Handlungsprozessen angeregt, die sie altersentsprechend in der Welt des Spiels entwickeln. Das oben als Bildungsziel genannte Kohärenzgefühl kann auf diesem Wege als nachhaltige Persönlichkeitsqualität aufgebaut werden.

3.1.3.     Künstlerische Fähigkeiten der Pädagogen

Zum Leben im Waldorfkindergarten gehören künstlerische Aktivitäten der Kinder. Zu nennen sind hier das Aquarellieren, das Malen mit farbigen Wachsblöcken, das Kneten und Plastizieren mit Bienenwachs, das Singen, das Musizieren mit Instrumenten, das rhythmische Sprechen, Finger- und Handgestenspiele, Bewegungsspiele und nicht zuletzt die besondere Bewegungsaktivität in der Eurythmie. Im Kindergarten sind alle diese Aktivitäten so in den Tages- und Wochenlauf integriert, dass sie diesen zu einem rhythmischen Ganzen machen, ohne dass vordergründige Lernziele verfolgt werden oder gar eine Reflexion des Geschehens mit den Kindern angestrebt ist. Stets ist der Erzieher als Vorbild gefragt. Von seinem ernsthaften Bemühen um entsprechende Fertigkeiten und von seinem kreativen Gestaltungswillen hängt es ab, ob das künstlerische Element im Lebensalltag der Kinder zu einer pädagogisch wirksamen Kraft wird oder nicht.

3.1.4.     Aus- und Fortbildung

Die skizzierten Fähigkeiten der Pädagogen erfordern entsprechende Aus- und Fortbildung. Unsere Mitarbeiterinnen haben entweder eine entsprechend ausgerichtete grundständige Ausbildung genossen oder eine qualifizierende Fortbildung. Wir nehmen teil an den regelmäßig stattfindenden Treffen der Regional- und Bezirksgruppen der Bayerischen Waldorfkindergärten. Dazu kommen Fragen und Aufgabenstellungen, die im täglichen Zusammenleben mit den Kindern eine Rolle spielen (z.B. Entwicklungsschwierigkeiten, ADS, Ängste, Aggressionen oder Gewalt). Regelmäßig Fortbildungen zu aktuellen Fragen der Kindheit oder zu methodisch- didaktischen Fragen zu besuchen, gehört ebenso unabdingbar zur waldorfpädagogischen Arbeit wie die regelmäßige Konferenzarbeit aller pädagogisch Tätigen, über die im nächsten Kapitel zu sprechen ist.

3.2.  Zusammenarbeit im Kollegium und mit den Eltern

Am Erziehungs- und Bildungsprozess der Kinder sind immer mehrere Erwachsene beteiligt. Dass zwischen ihnen eine fruchtbare Zusammenarbeit stattfindet, ist eine wesentliche Bedingung des Gelingens der Erziehungs- und Bildungsarbeit. Die Pflege der Zusammenarbeit ist insofern fester Bestandteil der im Sinne der Waldorfpädagogik arbeitenden Menschen und Einrichtungen. Bestimmte Organisationsformen haben sich herausgebildet, die hier angedeutet werden sollen.

3.2.1.     Konferenzarbeit im Kollegium

Einmal in der Woche findet bei uns die Teamarbeit aller pädagogischen Mitarbeiter einer Gruppe statt. Hier geht es um die Organisation des Kindergartenalltags, pädagogischen Austausch und ganz konkrete Fragestellungen der Kinder und Eltern. Einmal im Monat trifft sich das gesamte Team der Einrichtung. Hierbei geht es um Fragen der Führungsgestaltung und Selbstverwaltung der Einrichtung sowie um anstehende organisatorische Aufgaben; vor allem aber widmet sich die Konferenz der Arbeit an pädagogischen Fragen: Zum einen findet eine kontinuierliche Fortbildung statt mit der Beschäftigung entwicklungspsychologischer und anthropologischer Themen. Zum anderen werden so genannte Kinderbesprechungen abgehalten, in denen methodisch geführt die aktuellen Wahrnehmungen an einzelnen Kindern, Kindergruppen zusammengetragen werden. Ziel ist niemals die Be- oder gar die Verurteilung eines Kindes oder das schnelle Finden von pädagogischen Maßnahmen, sondern der stete Versuch sich durch eine gemeinsame, vorurteilsfreie Betrachtung dem individuellen Wesen des Kindes zu nähern und seine Entwicklungssituation möglichst in allen anthropologischen, medizinischen und sozialen Bedingungen detailliert zu erfassen, um in der richtigen Weise helfen zu können.

3.2.2.     Zusammenarbeit mit den Eltern

Dem Kind in seiner Einmaligkeit gerecht zu werden bedeutet selbstverständlich, auch mit denen zusammenzuarbeiten, die sonst noch Partner des Kindes sind, vor allem mit den Eltern. Jedoch wird die Zusammenarbeit für das Kind nur dann förderlich sein, wenn gewisse Grundsätze gelten: Jeder, der pädagogisch handelt, beansprucht für sich das Recht, in voller Freiheit seine eigene, unverwechselbare Beziehung zu dem Kind aufzubauen zu dürfen. Daher ist es notwendig, dass sich Eltern und Pädagogen weder offen noch verdeckt gegenseitig Weisungen erteilen oder bevormunden wollen. Ferner ist es wichtig sich gegenseitig die Erfahrungen mitzuteilen, die mit dem Kind gemacht wurden und in einen Austausch über den pädagogischen Ansatz der eigenen Arbeit zu kommen. Solche Gespräche führen die ErzieherInnen regelmäßig. Im Elterngespräche können alle Fragen gestellt und Schwierigkeiten angesprochen werden. Besteht beispielsweise ein Verdacht auf Gewalt oder Missbrauch oder gibt es Unstimmigkeiten mit den Eltern besteht die Möglichkeit noch jemanden hinzuzuziehen (Vorstand, Erziehungsberatung, Leitung, Insofern erfahrene Fachkraft). Des Weiteren finden regelmäßige Elternabende mit pädagogischen Themen statt und wenn gewünscht führen wir auch Hausbesuche durch. Dadurch ist weitgehend gewährleistet, dass Eltern und Pädagogen immer aktuell über die Situation des einzelnen Kindes im Gespräch und im Bilde sind und größtmögliche Transparenz besteht. Dadurch entsteht eine Erziehungspartnerschaft. Das Kind erlebt hierbei vorbildhaft, dass sich im Sozialen durchaus unterschiedliche Auffassungen harmonisch ergänzen und sich gegenseitig tragen können. Außerdem ist dadurch eine Basis geschaffen sich ungeschminkt über die wirklichen Erfahrungen auszutauschen und so die Qualität der Wahrhaftigkeit zu pflegen. Eine jährlich durchgeführte, anonyme Elternbefragung soll dies ermöglichen. Weitere Möglichkeiten einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit ergeben sich durch die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung von Kindergartenfesten und durch Initiativen in den verschiedenen Gremien des Kindergartens.  Der Elternbeirat kann hier eine Hilfestellung bei der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erzieher leisten. 

3.3.  Beschwerdemanagement

Jeder im Kindergartenalltag Beteiligte hat die Möglichkeit Wünsche, Anregungen und Kritik zu äußern, indem er sich an die Erzieherinnen, die Kindergartenleitung, den Elternbeirat oder den Vorstand wendet. Gelingt es nicht Beschwerden oder Konflikte intern zu bearbeiten und eine Lösung zu finden, kann man sich an die zuständige Fachberaterin wenden. Zeigt sich ein Konfliktpartner mit diesem Weg nicht einverstanden, wendet man sich direkt an das Regionalbüro.

3.4.  Kooperation zwischen Kindergarten und Schule

Menschliche Entwicklung ist ein Kontinuum; sie kennt keine Grenzen zwischen Elementar- und Primarstufe, zwischen Vorschulzeit, Schulzeit und Jugend. Je ganzheitlicher die Entwicklungsjahre in den Blick genommen werden, desto mehr entspricht dies dem heranreifenden Menschen. Deshalb gehört es zum Konzept der Waldorfpädagogik, dass Waldorfkindergarten und Waldorfschule sich als Einheit verstehen und in der bestmöglichen Weise zusammenarbeiten. Da an unseren Kindergarten keine Schule unmittelbar angeschlossen ist, arbeiten wir mit den Freien Waldorfschulen in Erlangen und Wendelstein sowie mit der Rudolf-Steiner-Schule in Nürnberg zusammen. Weiterhin stehen wir im Kontakt mit den Grundschulen der Stadt Fürth. Kinder mit Migrationshintergrund nehmen an sprachfördernden Maßnahmen in der Schule teil.

3.5.  Zusammenarbeit mit Therapeuten, Ärzten, Fachberatern

Kindliche Entwicklung vollzieht sich heute wesentlich individueller als in früheren Jahren. Allgemeingültige Entwicklungsschritte können oft nicht mehr in der Deutlichkeit wahrgenommen werden, wie sie aus den alten Entwicklungspsychologien bekannt sind. Die Grenze zwischen der individuellen Signatur einerseits und Verhaltensauffälligkeiten andererseits, die besonderer Beachtung und Begleitung bedürfen, ist fließend. Daher bemühen wir uns um eine Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten der Frühförderung und anderen Waldorfkindergärten. Sollte das Kindeswohl gefährdet sein, (siehe auch unser Kinderschutzkonzept) wenden wir uns an die „Insofern erfahrene Fachkraft“ des zuständigen Jugendamtes oder an die Erziehungsberatungsstelle. Weiterhin gibt es regional organisiert die Möglichkeit kompetente Fachberatung in Anspruch zu nehmen. Diese bezieht sich auf unmittelbar pädagogisch-didaktische Fragen, aber auch auf konzeptionelle und organisatorische Fragen.

3.6.  Qualitätsentwicklung

3.6.1.     Dokumentation der Entwicklung der Kinder

Die Erfahrungen mit den betreuten Kindern werden im Waldorfkindergarten schriftlich als Stütze, insbesondere für die eigene Bewusstseinsbildung der ErzieherInnen dokumentiert, aber auch als Grundlage für Gespräche mit den Eltern, mit Kollegen oder mit den Lehrern der Schulen, welche die Kinder später aufnehmen. Die Dokumentation erfolgt durch unseren eigenen Beobachtungsbogen und die vorgeschriebenen Bögen Perik, Seldak und Sismik. Hinzu kommt die Sammlung der vielen Zeichnungen und Aquarellbilder, die die Kinder angefertigt haben.

3.6.2.     Leitbildarbeit, Konzeptgestaltung

So selbstverständlich das anthroposophische Menschen- und Sozialbild für uns und alle Waldorfeinrichtungen die gemeinsame Grundlage bildet, so unterschiedlich sind doch die konkreten Arbeitsformen des einzelnen Kindergartens. Daher gehört es im Rahmen der Qualitätsentwicklung zum Standard waldorfpädagogisch arbeitender Einrichtungen ihr jeweiliges pädagogisches Konzept und die daraus resultierende Organisationsform zu beschreiben und sie regelmäßig mit der gelebten Wirklichkeit zu vergleichen. An der Leitbildarbeit und Konzeptgestaltung sind alle betroffenen Gruppen, also Pädagogen, Eltern und der Träger, beteiligt, so dass eine gewisse Sicherheit besteht, dass die jeweils aktuellen Bedürfnisse und Fragen in den Gestaltungsprozess Eingang finden können. Rudolf Steiner hat in seinem „soziologischen Grundgesetz“ nachdrücklich formuliert, dass in der heutigen Zeit Gemeinschaften und Einrichtungen nicht mehr, wie in früheren Zeiten, die Aufgabe haben, dem einzelnen Menschen Orientierung zu geben, sondern gerade umgekehrt dem individuellen Entwicklungsbedürfnissen des einzelnen Menschen zu dienen haben.

3.7.  Kollegiale Selbstverwaltung und Führung der Einrichtung

Seit der Begründung der Waldorfpädagogik (1919) gehört die kollegiale Selbstverwaltung zu den besonderen Merkmalen waldorfpädagogischer Institutionen. Das bedeutet, dass wir als Kollegium zusammen mit dem rechtlichen und wirtschaftlichen Träger der Einrichtung an der Planung und Ausführung der anstehenden Aufgaben arbeiten und weitestgehend auf eine weisungsgebende Hierarchie innerhalb der Mitarbeiterschaft verzichtet wird. Dennoch ist eine Kindergartenleitung benannt, die bestimmte Aufgaben und Bereiche übernimmt. Das Prinzip der kollegialen Selbstverwaltung ist in der Praxis dennoch wirksam. Denn alle Beteiligten bemühen sich, durch eine entsprechende Konferenzarbeit (s. o.) immer wieder ein Gesamtbewusstsein von den anstehenden Aufgaben zu bilden und aus diesem Bewusstsein heraus die Leitlinien ihres Handelns zu entwickeln. Von Mitarbeitern in waldorfpädagogischen Einrichtungen wird erwartet, dass sie sich auf die kollegiale Selbstverwaltung einlassen. Die Formen der Zusammenarbeit der Gremien des Kindergartens sind in der Satzung des Trägervereins geregelt, die demokratisch von allen Vereinsmitgliedern, d. h. in der Regel und zur Hauptsache von den Eltern, beraten und verabschiedet wurde. Ziel der entsprechenden Satzungspassagen ist es, denjenigen die handeln, den angemessenen Entscheidungs-, aber auch Verantwortungsraum zuzusprechen.

3.8.  Zusammenarbeit der Waldorfeinrichtungen

Trotz aller Eigenständigkeit arbeiten wir als Waldorfeinrichtung nicht isoliert, sondern stets im Verbund mit anderen Einrichtungen. Es gibt regionale, überregionale und internationale Zusammenschlüsse (Vereinigung der Waldorfkindergärten). Der Name „Waldorf“ ist rechtlich geschützt und wird nur an Einrichtungen vergeben, die einen längeren Prüfungsprozess durchlaufen haben und ein überzeugendes Konzept vorweisen können, das durch entsprechend qualifizierter Pädagogen gedeckt ist.

3.9.  Integration in das soziale Umfeld

Waldorfeinrichtungen sind in das Umfeld interessierter Eltern und Bürger gestellt und nehmen hier ihre Verantwortung wahr, Teil einer lebendigen und sich stets entwickelnden Gemeinschaft zu sein. So gehört es zu unserem Bild, sich für die Menschen der Umgebung zu öffnen und intensive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Vortragsveranstaltungen, Tage der offenen Tür und Basare (wie unser Stand auf der alljährlichen Fürther Altstadtweihnacht), bilden das Angebot, das für interessierte Menschen im Umkreis der Einrichtungen offensteht und gerne wahrgenommen wird.

3.10.                  Architektur und Raumgestaltung

Räume und Häuser sind wie eine erweiterte Haut. In ihr findet das Leben statt. Ihre Beschaffenheit hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss sowohl auf die sozialen Prozesse als auch auf das Erleben und die Gesundheit der Kinder. Es ist deshalb den verantwortlichen Erwachsenen im Sinne der Waldorfpädagogik ein Anliegen sich bei der Gestaltung eines Kindergartens nicht auf rein funktionale Gesichtspunkte zu beschränken, sondern für das Kind mit seiner enormen Sensibilität eine Umgebung zu schaffen, die seinen Sinnen sowohl Anregung wie auch Beruhigung, Geborgenheit wie auch Offenheit bietet. Dem zugrunde liegt das Wissen, dass alle Einzelheiten der farblichen Gestaltung, der Form- und Materialbeschaffenheit der Möbel und Accessoires, der Auswahl der Bilder, der Beleuchtung usw. bis in die physiologischen Prozesse hinein eine Wirkung ausüben. Das Kind soll einen durchgestalteten Lebensraum vorfinden, der fernab von Belehrungsabsichten oder pragmatischen Zwecken unmittelbar das Lebensgefühl des Kindes anspricht und durch sich selbst eine bildende Kraft besitzt. Unser Kindergarten wurde im September 1972 gegründet und fand Aufnahme in einem - durch Schenkung an die Anthroposophische Gesellschaft – älteren Haus, welches im Jahr 2000 den Bedürfnissen eines zweigruppigen Kindergartens umgebaut wurde. Wir pflegen unser Haus und in regelmäßigen Abständen wird neu gestrichen und Kleinigkeiten werden verbessert und erneuert.